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Eine Kolumne von der Diplom-Psychologin Gabriele Birnstein

Der Wunsch glücklich zu sein, ist sicher so alt wie die Menschheit selbst. Aber was ist Glück? In Amerika steht die Wiege der Glücksforschung, was wahrscheinlich auch daran liegt, dass in der amerikanischen Unabhängigkeitserklärung von 1794 das Streben nach Glück , „persuit of happiness“ als ausdrückliches Menschenrecht verankert wurde – das ist einmalig in der Welt. So beschäftigt sich u.a. Mihaly Csikszentmihalyi, Professor der Psychologie an der University of Chicago, seit Jahrzehnten mit der Erforschung des Glückes. Er konnte beweisen, was viele längst ahnen: Glück lässt sich nicht kaufen.

Was bedeutet eigentlich Glück

Wer also wirklich noch glaubt, ein Lottogewinn und ein Leben in Luxus seien eine Garantie für ein glückliches Leben, der befindet sich heftig auf dem Holzweg. Das große Geld erleichtert das tägliche Leben beträchtlich, als verlässlicher Glücksbringer ist es jedoch untauglich. Der Forscher Csikszentmihalyi stellt in seinem Buch „Flow – das Geheimnis des Glücks“, eine Theorie auf, die er das „Flow-Konzept“ nennt. Flow bezeichnet einen Zustand, in dem man eins ist mit sich und seiner augenblicklichen Tätigkeit, ganz in seinem Tun versinkt, sich selbst und die Zeit nicht mehr wahrnimmt. Und eigentlich kann jeder dieses tranceartige Glücksgefühl erleben, ob Fließbandarbeiter oder Banker. Es entstehe immer dann, wenn man ausdauernd und erfolgreich ein selbstgestecktes Ziel verfolge, so Herr Csikszentmihalyi.

Dem heutigen Zeitgeist entsprechend zwingt die junge Generation das Glück in eine eher simple Formel: Spaß haben, gut drauf sein, Party machen. Daran erkennt man unschwer, Glück ist nicht gleich Glück. Was für den einen die Seligkeit auf Erden ist, z.B. das Beschneiden der selbst gezüchteten Rosen, bedeutet für den anderen die pure Langeweile.

Glück ist für jeden ganz unterschiedlich definiert. Bildquelle: © Huyen Nguyen / Unsplash.com
Glück ist für jeden ganz unterschiedlich definiert. Bildquelle: © Huyen Nguyen / Unsplash.com

Die Liebe als des Rätsels Lösung

Sehr viele Menschen erhoffen sich von der Liebe das große Glück und müssen oft erfahren,
dass sie auf Dauer diesen Anspruch nicht erfüllt. Auch Kindersegen hat seine
Schattenseiten, wobei die glücklichen Momente mit dem Nachwuchs wohl überwiegen.
Daraus ergibt sich, dass Glück ein eher flüchtiges Phänomen ist: euphorische und innigste
Gefühle lassen sich nicht über Stunden, Tage oder gar Jahre in gleicher Stärke empfinden,
ihre Intensität ginge unweigerlich verloren.

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Dauerndes, gleichbleibendes Hochgefühl ist demnach ausgeschlossen, denn der Organismus gewöhnt sich mit der Zeit an jeden Zustand und stuft ihn runter, z.B. als ein zufriedenes Gefühl. Jeden Tag Kaviar essen und dazu Champagner trinken zu müssen, würde sicher bald den sehnlichen Wunsch nach Currywurst oder Erbsensuppe wecken.

Die Macht der Gewohnheit

Leider können wir uns deshalb auch nicht sehr lange und durchgängig freuen, aber zum Trost gilt dieser Gewöhnungsfaktor auch für die Angst. Tagelange Todesangst in gleichbleibender Intensität ist ebenfalls völlig unmöglich. Das Gehirn tut immer alles, um schnell wieder in den Zustand der Normalität zurückzukehren. Biochemische Forschungen belegen , dass das Glück im Kopf entsteht und auf einem chemischen Prozess im Gehirn beruht. Bestimmte Moleküle wie z.B. die Endorphine werden aufgrund bestimmter Außenreize ausgeschüttet und lösen das selige Gefühl aus – ihre Halbwertszeit beträgt allerdings nur etwa fünf Minuten.

Weltweite Untersuchungen zum Glückstreben der Menschen in verschiedenen Gesellschaftsschichten belegen, dass die Glücksempfindungen immer gleich beschrieben werden, ungeachtet kultureller Unterschiede, egal ob jung oder alt, Mann oder Frau. Die Auslöser für diesen wunderbaren Gefühlszustand , sind natürlich sehr unterschiedlich. Auch ein weiterer berühmter Glücksforscher, Martin Seligmann, von der Universität Pennsylvania glaubt nicht, dass manche Leute mehr Glück haben als andere, „sie gehen nur anders mit den Ereignissen um“. Sie sehen Probleme nicht als Unglück, sondern als Herausforderung und Chance für ein zukünftiges Glück.

Gabriele Birnstein ist vielseitig und offen. Ob Journalismus, Psychologie oder Tischtennis - alles weckt ihr Interesse und macht damit ihr Leben bunt. Bildquelle: Studioline Photogrphy
Gabriele Birnstein ist vielseitig und offen. Ob Journalismus, Psychologie oder Tischtennis – alles weckt ihr Interesse und macht damit ihr Leben bunt. Bildquelle: Studioline Photography

Wege zum Glück

Zusammen mit seinen amerikanischen Kollegen hat Martin Seligmann auf der Grundlage wissenschaftlicher Studien einige Ergebnisse zum Glück zusammengefasst: Glückliche Menschen sind eher aktive, begeisterungsfähige Zeitgenossen, denn konzentrierte Aktivität mobilisiert das körpereigene Glückshormon Serotonin. Bewegung macht ebenfalls glücklich, ganz besonders die Ausdauersportarten. Durch das Schwitzen werden depressionsfördernde Substanzen ausgeschieden. „Es gibt übergewichtige Leute, die glücklich sind, aber das sind die Ausnahmen zur Regel,“ sagt Martin Seligmann zum Thema Sport.

Die Forscher fanden unter den wirklich glücklichen Leuten so gut wie keine Chaoten. Ordnung – zumindest im Geist – gehöre seiner Meinung nach zum Glücklichsein. Glückliche Menschen sehen seltener TV und erhalten sich so ein sonnigeres Gemüt. Schlechte Nachrichten machen schlechte Laune. Echte Freundschaften fördern ebenfalls die glücklichen Momente. Miesmacher sollte man meiden. Glückliche Menschen sind häufig sehr dankbare Menschen, sie hadern nicht mit dem Schicksal, sondern richten ihre Aufmerksamkeit auf das, was sie zufrieden macht. Glückliche Menschen haben Ziele und nehmen sich die Zeit sie zu verwirklichen. Sie konzentrieren sich auf ihr Leben im Hier und Heute und lassen sich nicht hetzen. Glück ist also durchaus machbar, allerdings macht auch hier die Übung den Meister.

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