Schon fast 40 Jahre ist es her, dass wir das erste Mal mit der Familie Wilde in der vorabendlichen Fernsehsendung „MS Franziska“ mitfieberten. Die Serie erzählt aus dem Leben einer Binnenschifferfamilie, im Mittelpunkt steht dabei das Familienoberhaupt Jakob Wilde und sein veraltetes Motorschiff „Franziska“.
Nicht zuletzt erfreute die Serie sich so großer Beliebtheit, weil sie neben verklärter Schifffahrtsromantik, Skandalen und Millionendiebstählen auch mit den Problemen eines absteigenden Industriezweigs konfrontierte.
Aber wie steht es nun fast ein halbes Jahrhundert später um die Binnenschifffahrt?
Tatsächlich liegt das Güterverkehrsaufkommen auf deutschen Binnengewässern seit etwa 20 Jahren konstant zwischen jährlich 200 – 250 Millionen Tonnen. Allerdings wird davon mehr als die Hälfte von ausländischen Schiffen transportiert. Die Ausflaggung von Schiffen ist dabei ein entscheidender Faktor. Schiffe werden in das Schiffsregister von Billigflaggenländern (z.B. Panama, Bahamas, Zypern, Singapur) eingetragen. Sie unterliegen dann den gesetzlichen Bestimmungen der Länder (z.B. geringere Besatzungszahl, niedrigere Löhne, geringere Sicherheitsstandards), wodurch sich erhebliche Personal- und Kapitalkosteneinsparungen erzielen lassen.
Hauptkonkurrenten bei der Registrierung von Binnenschiffen sind aber andere EU-Staaten. Sie erfordern die höchsten Sicherheitsstandards und bieten weitere Vorteile, wie z.B. in den Niederlanden einen wesentlich geringeren Versicherungssatz. Wenn es um Binnenschifffahrt geht, haben unsere holländischen Nachbarn die Nase eh ganz weit vorn. Während der Anteil des gesamten inländischen Frachttransports in den Niederlanden bei fast 50% liegt, werden in Deutschland nur rund 10% der Güter über Inland-Wasserwege transportiert. In Frankreich sind es sogar nur 3%. Dabei liegt die Verkehrsleistung der deutschen Binnenschifffahrt (tonnenkilometrische Leistung je Tonne Tragfähigkeit) gleichzeitig bei rund 20 % der gesamten Verkehrsleistung des Güterverkehrs und verursacht dabei aber nur 5 % der CO2-Emission.
Vorteile gegenüber Landtransport
Das Verkehrssystem von Binnenschiff und Wasserstraße bietet gegenüber Landtransporten also ökologische Vorteile. Der geringe Anteil an Schadstoffemissionen wird durch den geringen Energieverbrauch und das hohe Transportvolumen möglich. Ein modernes Großmotorschiff verbraucht nur 1,3 l Diesel je 100 Tonnenkilometer (tkm) und ersetzt mit 2.100 t Fassungsvolumen 105 LKWs à 20 t, während der Verbrauch von einem einzigen LKW bereits bei 4,1 l/100 tkm liegt.
Zwar steht dem deutschen Schiffverkehr ein sehr weitmaschiges Straßennetz von insgesamt nur 7300 km zur Verfügung, das im Übrigen zu ¾ von der Natur gegebene Flüsse nutzt, doch die Bedeutung für den Warenfernverkehr ist nicht zu unterschätzen. Schließlich halten sich nicht nur die Anteile des Güterverkehrsaufkommens konstant, auch der Anteil der Verkehrsleistung besteht seit 50 Jahren fast unverändert.
Auch wenn die Wildes sich von der alten Franziska verabschieden mussten, endet die nostalgische Serie „MS Franziska“ schließlich doch mit einem Happy End, nämlich mit einem neuen Schiff.