Das Erfolgsgeheimnis der Krimireihe “SOKO Wien”, die am 1. November im ZDF zum 200. Mal läuft, sind der berühmte Wiener Humor und das SOKO-Team mit ihrer Chefin Dr. Wolf. Gespielt wird sie von der Wiener Schauspielerin Brigitte Kren, die seit letztem Jahr als neue Leiterin dafür sorgt, das in jeder Folge nach 45 Minuten das Gute über das Böse siegt – ohne viel Blutvergießen. Und damit beweist, dass Frauen im Film und im wahren Leben beruflich erfolgreich sein können, egal in welchem Alter. Wir hatten das Glück, zwischen vielen Drehterminen, mit Brigitte Kren über ihre Rolle als Dr. Wolf und ihr bewegtes Leben zu sprechen.
Frau Kren, es war gar nicht so einfach einen Termin für unser Gespräch zu finden. Arbeiten Sie neben den Dreharbeiten zur 14. Staffel der SOKO Wien noch an anderen Filmprojekten?
Ja, ich bin gerade viel unterwegs und drehe parallel einen Film in Berlin für die ARD und noch einen in München für das ZDF, eine Komödie.
Sie sind ein Multitalent, spielen Charakterrollen am Theater und im Film. Was hat Sie an der Rolle der SOKO-Chefin Dr. Wolf gereizt?
Ich bin auf den Geschmack gekommen, weil ich 2017 mit meinem Sohn einen sogenannten Landkrimi gedreht habe und da war ich die Kommissarin in der Hauptrolle. Dabei habe ich gemerkt, dass mir das gut gefällt auf der Seite des Gesetzes zu stehen und die Bösen zu jagen.
Hat es damit zu tun, wenn das Böse gefasst wird, dass die Welt wieder in Ordnung ist?
Es tut einfach gut, was weniger mit meiner Rolle zu tun hat, sondern es ist für mich einfach angenehm in Wien zu drehen, weil ich ein Enkelkind und Kinder dort habe und ich deshalb gern in Wien arbeite. Und das Team ist sehr nett, das ich kennengelernt habe, als ich bei der SOKO Wien eine Gastrolle spielte. Im Spaß habe ich gefragt, ob sie nicht noch eine Stelle frei hätten, da haben sie alle gelacht und ein halbes Jahr später wurde ich zum Casting gebeten.
Frau Kren, das Tolle an Ihrer Rolle als Dr. Wolf ist ja, dass sie ein Zeichen setzt und zeigt, dass es auch mit Mitte 60 nicht zu spät ist, um Karriere zu machen.
Da der Fernseher im Wohnzimmer immer eine gewisse pädagogische Wirkung hat, erachte ich meine Rolle auch als ein politisches Statement für die Frau. Die Menschen müssen sich daran gewöhnen, dass Frauen in hohen Positionen sind. Vielleicht wird die nächste Präsidentin in Amerika eine Frau. Vor 20 Jahren hätte ich noch nicht daran geglaubt.
Sie sind ja schon seit Jahrzehnten als Schauspielerin erfolgreich. Was hat sich im Rückblick verändert? Auch die Rolle der Frau?
Es gibt zwei Konfliktpunkte, da muss man unterscheiden. Was sich in den Rollen verändert hat, ist die eine Sache und was sich im Schauspieleralltag verändert hat die andere. Das sind zwei Paar Schuhe. Im Schauspieleralltag hat sich noch nicht viel verändert, weil Männer immer noch besser bezahlt sind, was eine unglaubliche Ungerechtigkeit ist. Die jungen Frauen sind selbstbewusster geworden und lassen sich nicht mehr so viel gefallen, was ich mit großer Freude sehe.
Was sich in den Rollen verändert hat, ist, dass das Weibchen Bild stärker in den Hintergrund tritt und mehr die starke Frau in Führungspositionen gezeigt wird. Was mich aber sehr erschreckt, ist, worüber die jungen Leute in den Internetforen sprechen. Da kommt schon wieder ein Trend zurück zum Herd zum Vorschein. Und das kommt nicht von den jungen Männern, sondern von den jungen Frauen. Es geht wieder in eine andere Richtung und das finde ich sehr schade.
Sie sind viel beschäftigt, was in Ihrem Alter als Schauspielerin überhaupt nicht selbstverständlich ist. Woran liegt es, dass Sie so tolle Angebote haben?
Es gibt nicht viele Leute in meinem Alter, die noch Kraft haben. Die noch lustig sind, die die Strapazen des Filmgeschäfts auf sich nehmen – und zwar gern. Wir haben in Österreich Erni Mangold, Christiane Hörbiger oder Waltraud Haas, die ich im Flugzeug nach Berlin getroffen habe. Sie ist 93 und war frisch und munter unterwegs zu einer Talkshow. Es gibt in Österreich ein paar reife Damen, die es noch drauf haben und Lust darauf haben. Ich freue mich zum Beispiel diebisch nach einer Szene und schaue, ob sie mir gelungen ist. Und wenn sie mir gelungen ist, habe ich eine Freude, als wenn es das erste Mal wäre.
Parallel zur Schauspielkarriere haben Sie auch andere Berufe gelernt und ausgeübt. Sie haben eine Tanzausbildung und auch eine zur Medizintechnikerin. War das Sicherheitsdenken, um abgesichert zu sein, wenn es mit der Schauspielerei nicht klappt?
Ja, das hat eine wichtige Rolle gespielt. Ich habe einen Sohn, mich aber scheiden lassen und musste für das Kind aufkommen. Ich hätte das Risiko eingehen können, nur am Theater zu spielen, aber das war mir zu unsicher. Ich habe gedacht, wenn ich ein Kind habe, möchte ich ihm alles ermöglichen, was geht. Und so habe ich beides gemacht. Ich habe acht Stunden im Spital gearbeitet. Abends bin ich nach Hause gegangen, habe mich frisch gemacht, eine halbe Stunde ausgeruht und bin dann ins Theater gegangen. Das habe ich 25 Jahre lang gemacht. Es war ein wahnsinnig anstrengendes Leben. Rückblickend kann ich mir das gar nicht mehr vorstellen.
Ich kann mich erinnern, wenn ich zur Probe gekommen bin, dann waren die anderen in der Nacht ausgegangen und haben beim ersten Kaffee zusammen gesessen. Mit 50, wo andere an die Pension denken, habe ich dann im Krankenhaus gekündigt. Mein Sohn hatte fertig studiert und ich habe gesagt “So Kinder, jetzt ist es mir zu viel. Ab jetzt bin ich nur Schauspielerin”. Und habe das dann wahnsinnig genossen, mich nur der Schauspielerei zu widmen.
Was sind Ihre Kraftquellen?
Die Familie ist sehr wichtig, sie gibt Halt und Kraft und das habe ich auch meinem Sohn vermitteln können. Wir feiern Familienfeste ganz traditionell, mein Enkelkind wird getauft im Stephansdom in Wien. Die Liebe ist generell eine Kraftquelle. Man muss lieben, egal wen und was, dann kriegt man Kraft.
Gibt es eine Rolle, die Sie unbedingt gerne noch spielen möchten?
Da ich alle Rollen abgedeckt habe, die ich spielen wollte … (denkt nach) Vielleicht würde ich gern noch eine korrupte Transplantationsärztin spielen (lacht).
Herzlichen Dank für das Gespräch.
Am Freitag, 1. November 2019, 18.00Uhr, zeigt das ZDF den 200. Fall der Krimiserie “SOKO Wien” mit Brigitte Kren. Wer sie verpasst hat, kann sie sich auch in der ZDF Mediathek ansehen.