Freitagmorgen 10 Uhr. Interview-Termin mit Brigitte Würtz. Eine rüstige 98-Jährige, mit einem Lebenslauf, der allein beim ersten Durchlesen schier sprachlos macht: Was hat diese Frau alles erlebt! Die charmante Dame dann in einem knapp zweistündigen Gespräch ein Stück weit kennenzulernen, ist eine wahre Freude.
Es war der Silvesterabend 1918 als Brigitte Würtz in Berlin Grunewald als Tochter der beiden bildenden Künstler Oskar und Marg Moll das Licht der Welt erblickte. Heute verbinden wir diesen Tag mit einem bunten Feuerwerk und eben diese Bild lässt bereits erahnen, dass Brigittes Leben kein gewöhnliches werden würde.
Wer Brigitte Würtz heute besucht, trifft eine in sich ruhende ältere Dame. Beim Anblick des Rollators, der sie im Anbetracht ihres Alters überallhin begleitet, hält man kurz inne. Nicht wegen des Gerätes an sich, denn das ist ja im Grunde recht unspektakulär. Vielmehr wegen all der Dinge, die dieser Rollator transportiert. Auf dem rollenden Begleiter liegt zentral alles beisammen, was Brigitte Würtz gerne stets griffbereit in ihrer Nähe weiß. Angefangen vom iPad über den iPod, von dem sie sich unterwegs gerne mit interessanten Hörbüchern unterhalten lässt, bis hin zum iPhone, das sie sich erst kürzlich angeschafft hat. Schließlich sei man nie zu alt, neue Dinge kennenzulernen, dachte sich die rüstige Dame und beschloss: “Ich probiere dieses iPhone jetzt einfach mal aus.”
“Das Leben ist lang, da kann man viel machen”
Genau das hat Brigitte Würtz im Laufe ihres 98-jährigen Lebens auch gemacht – sie hat VIEL gemacht. Zunächst schrieb sie Kriminalromane, fünf an der Zahl. Später porträtierte sie berühmte, aber auch wenig berühmte Persönlichkeiten aus Politik und Kunst. Unter ihnen findet man Namen wie Helmuth Kohl, Lieselotte Pulver, Duke Ellington, Edward Heath, Karl Carstens und Marcel Marceau – über 500 unterschiedlich Menschen standen für sie still. Es entstanden Zeichnungen und vor allem Ölbilder, von denen einige heute in Museen hängen. Sie hatte viele Ausstellungen darunter auch in Paris. In Vaduz stellte sie dreimal aus, da hatte sie eine Galeristin, die ihr viele Aufträge verschaffte. In der Parlamentarischen Gesellschaft in Bonn eröffnete ihre Ausstellung der damalige Finanzminister Hans Jochen Vogel, den sie zuvor auch porträtiert hatte.
Auch die Liebe ihres Lebens hat sie gefunden: Elard. Über sechzig schöne Jahre war Brigitte Würtz mit ihrem Ehemann verheiratet. Wie sie selbst erzählt, waren die beiden in all den Jahren nur sehr selten länger voneinander getrennt. Mitte der Achtziger begann sie dann Geschichten aus ihrem Leben aufzuschreiben – im ständigen Austausch mit Elard. Gemeinsam hielten sie so ihrer beiden Erinnerungen wach. Im Jahr 2002, ein Jahr nach Elards Tod, wurde diese Erlebnissammlung aus dem Leben des Ehepaars Würtz unter dem Titel “Elard und ich” veröffentlicht und 2008 ein weiterer Band ihrer Erinnerungen „Porträtgeschichten“.
“Mich hat schon immer alles interessiert”
Heute im Jahr 2017 ist die liebenswerte Dame nach wie vor unglaublich agil. Und man glaubt es kaum, aber Brigitte Würtz erstellt Computergrafiken, die einen schlichtweg begeistern. Auf unsere Frage, wie man im hohen Alter dazu kommt, sich noch mit der digitalen Welt anzufreunden, reagiert sie fast erstaunt mit den Worten: “Wieso nicht? Mich hat schon immer alles interessiert. Zudem empfinde ich die digitale Welt als Komfort!” Im Alter wird der Mensch unbeweglicher. Der Radius wird auf einmal begrenzt. Die digitale Welt hingegen, eröffnet auch älteren Menschen die Möglichkeit, weiterhin den Kontakt mit der Außenwelt aufrecht zu erhalten und vielleicht sogar neue Kontakt zu knüpfen. So sieht Brigitte Würtz die digitale Welt und deren Möglichkeiten.
Als Beispiel erzählt sie uns von einem jungen Mann, den sie auf der Plattform Friendscout24 (heute Love-Scout24) kennengelernt hat. Er hat ihr aus seinem Leben und von seinen Problemen erzählt. Sie gab ihm Ratschläge. Dann brach der Kontakt ab. Jahre später meldete er sich wieder und erzählte ihr, dass er mittlerweile geheiratet habe und Vater geworden wäre.
Wie sie dazu kam, sich bei Friendscout24 anzumelden, ist schnell erzählt. Ihre Tochter Iris Filmer und ihre Enkel Silvan und Jana Filmer waren die Erfinder und Gründer dieses Internetportals. Da war es quasi selbstverständlich, dass die an der digitalen Welt interessierte Großmutter mal nachschauen musste, was Tochter und Enkel auf die Beine gestellt hatten. Brigitte und Jana haben eine ganz besondere Verbindung. Noch heute arbeiten die beiden ab und an zusammen. Mittlerweile beschäftigt sich Jana mit einem neuen Projekt, dem digitalen Zauberreich “Merlantis” und da steuert Brigitte bisweilen die eine oder andere Illustration bei.
“Solange man lebt, soll man leben!”
Diesem Motto blieb und bleibt Brigitte Würtz zeit ihres Lebens treu. Die Tatsache, dass ihr Mann, zwar geschäftlich viel reiste, aber keine Lust auf Vergnügungsreisen hatte, brachte sie auf die Idee, mit Hilfe von Photoshop, fantastische Reisen zu erfinden. Sie nannte sie „Unsere Traumreisen“ und schenkte ihm die Sammlung als Überraschung zum Geburtstag. Da sieht man auf 12 Grafiken Elard und Brigitte in einem Tibetanischen Kloster als Mönche durch die Luft fliegen, auf dem Motorrad durch den Grand Canyon brausen, in Indien auf einem Elefanten reiten, in Alaska beim Fischfang und so weiter. Es wurde eine Riesenüberraschung und nicht nur die beiden hatten großen Spaß daran.
Wer noch mehr über die rüstige 98-Jährige erfahren möchte, der liest das Interview mit Brigitte Würtz demnächst hier auf 59plus.