In Hannover widmet sich ein Fledermauszenturm exklusiv der Rehabilitation von Fledermäusen. Verletzte Tiere werden hier im Fledermauszentrum des Bundes für Umwelt- und Naturschutz (BUND) behandelt und für die Wiederauswilderung vorbereitet. Aber gibt es tatsächlich so viele bedürftige Fledermäuse, dass man ein ganzes Rehabilitationszentrum mit ihnen füllen kann? – Ja, gibt es. Wir erklären in diesem Beitrag, warum.
Fledermäuse besitzen einige markante Eigenschaften und Lebensgewohnheiten: Sie sind nachtaktiv, sie bewegen und orten sich mit Hilfe von Ultraschall, sie halten Winterschlaf und sie besitzen die Fähigkeit zu fliegen. Zusammen mit den Flughunden sind sie die einzigen Säugetiere, die das können und stellen damit eine Besonderheit in ihrer Klasse dar.
Talentierte Flugmäuse
Aber die Flugfähigkeit ist nicht das einzig Faszinierende an den kleinen Säugern. Ihr einzigartiges Echoortungssystem ermöglicht ihnen, sich perfekt im Dunkeln zurechtzufinden. Ohne ihre Augen einzusetzen, können sie so selbst kleinste Insekten jagen. Im Detail funktioniert das System so, dass die Tiere Ultraschallwellen abstoßen, die oberhalb der Hörfrequenz des Menschen liegen und somit von uns nicht wahrgenommen werden. Diese Wellen werden von Objekten in der Umgebung der Fledermaus zurückgeworfen, als Echo von den Tieren aufgenommen und in die korrekte zeitliche Reihenfolge gebracht. Auf diese Weise erfassen die Tiere ihre Umgebung und wissen exakt, wo sie sich befinden, oder mit welcher Geschwindigkeit sich zum Beispiel ein Beutetier bewegt.
Dennoch schützt dieses intelligente System die Tiere nicht davor, sich in fremde Häuser durch gekippte Fenster zu verirren oder tagsüber wenn die nachtaktiven Tiere schlafen, durch Gebäudesanierungen oder Fäll-Arbeiten verletzt zu werden. Tatsächlich kommt es häufig vor, dass die kleinen Vettern von Graf Dracula, die wir in den Abendstunden schemenhaft durch den Abendhimmel sausen sehen, durch Baumfällungen zu Schaden kommen.
Verletzungen durch Menschenhand
Obwohl ein offizielles Verbot besteht, Bäume dort zu fällen, wo die gesetzlich geschützte Tierart ihren Lebensraum hat, wird der Standort oft nicht geprüft. Und so beginnen die Sägearbeiten häufig an Bäumen, in deren Ästen sich die nachtaktiven Flugmäuse zum täglichen Schlafkonsum eingenistet haben. Passanten finden die verletzten Tiere dann auf dem Boden weil sie von Holzsplittern verletzt wurden. Oft sind Nasen, Ohren, Flughäute oder Gelenke durchbohrt, und entzünden sich. Bei Gebäudesanierungen werden Fledermäuse ebenso oft verletzt.
Dann sind diese Tiere ein Fall für das Fledermauszentrum Hannover. Ganze Gruppen von Tieren, die sich zum Beispiel bei einer Dachsanierung Verletzungen zuzogen, wurden schon eingeliefert. Mitarbeiterin Dr. Renate Keil schätzt an den kleinen Säugetieren, dass sie schnell zutraulich werden und direkt merken, wenn ihnen jemand helfen will. Die Tiere halten dann still und lassen die Behandlung ruhig über sich ergehen, so die 65-jährige, die seit 22 Jahren eine Praxis für Reptilien und Amphibien betreibt und seit drei Jahren ehrenamtlich im Fledermauszentrum tätig ist. Manchmal sind die Verletzungen auch so schlimm, dass man die Tiere nicht mehr auswildern kann. In diesem Fall werden sie in der Voliere des Zentrums untergebracht und dürfen dort alt werden.
Letzter Ausweg: Fledermauszenturm
Die Mitarbeiter des Zentrums fahren auch des Öfteren zu Privathausalten, in denen sich eine Fledermaus verirrt hat, um die Tiere zu befreien. Oft kommt es vor, dass ein einzelnes Tier durch ein gekipptes Fenster in die Wohnung gelangt und dann den Ausgang nicht mehr findet. Es fängt an, um Hilfe zu schreien und eine ganze Invasion der hochsozialen Tiere schreitet zu seiner Hilfe ein und verfängt sich selbst im Inneren des Haushaltes. Dann braucht es erfahrene Menschen, die die Tiere mit Geschick und Geduld befreien.
Geduld müssen Mitarbeiter beweisen, wenn sie Jungtiere im Fliegen trainieren. Manchmal werden sie vorzeitig geboren, wenn ihre kranke Mutter aus dem Winterschlaf gerissen wird. Dann können sie nicht in die Freiheit entlassen werden, weil im Winter keine Insekten als Nahrung für die Fledermäuse zur Verfügung stehen. So kommt es dann, dass das kranke Mutter-Weibchen im Zentrum verweilt, während seine Sprösslinge im Wartezimmer von Mitarbeitern mit Flugübungen beschäftigt werden.
Sollten Sie einmal eine verletzte Fledermaus finden, erreichen Sie Renate Keil und ihr Team unter der Notfall-Telfonnummer 01573 – 0910222 oder per mail unter drrenatekeil@aol.com