Hippies, Weltenbummler und jugendliche Schulverweigerer – sie leben ein Lotterleben, nehmen es mit Pflichten und Disziplin nicht so genau und sitzen auf der faulen Haut. Natürlich mit einem Joint in den Mundwinkeln. Ein allseits bekanntes Bild. Jetzt darf die von vielen verpönte und in Deutschland illegale Droge Cannabis, umgangssprachlich „Gras“ oder „Marihuana“ genannt, von Ärzten verschrieben werden.
Seit dem 1. März dürfen Ärzte in Deutschland Cannabis als Arzneimittel verschreiben. Vorher mussten Patienten dafür langwierig eine Ausnahmeerlaubnis bei der Bundesopiumstelle des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) beantragen. Neu ist außerdem, dass Patienten nicht als austherapiert gelten müssen, um die Wirkstoffe der als Droge klassifizierten Pflanze einnehmen zu können. Die Ärzte handeln eigenverantwortlich und können nun frei entscheiden, in welchem Fall ein Einsatz Sinn macht.
Cannabis: Droge oder Medizin?
Damit öffnet sich Deutschland langsam einer neuen Definition der Substanz, die bisher sehr stark durch Abhängigkeit und Sucht geprägt ist. Die harzhaltigen Blüten der Hanfpflanze werden zerkleinert, in Keksen verbackt von Konsumenten oral eingenommen oder in der Form eines Joints, also einer Marihuana-Zigarette, inhaliert. Die Folge ist je nach konsumierter Menge und Cannabis-Sorte ein mehr oder minder intensiver Rauschzustand. Konsumenten rücken ein Stück von der Welt ab, entfernen sich vom Alltag und seinen Pflichten. Eltern von schulpflichtigen Jugendlichen machen sich über die Entwicklung zur Alltagsdroge zu Recht Sorgen. Marihuana-Konsum ist trotz Illegalität verbreitet.
Neben den Folgen des Konsums von Cannabis als Droge ist jedoch seit längerem seine Wirksamkeit bei bestimmten gesundheitlichen Problemen in der Medizin-Welt bekannt. Dies ist der Fall bei chronischen Schmerzen, multipler Sklerose und Spastik, Übelkeit, Erbrechen und Appetitlosigkeit. Ärzte vermuten, dass die Pflanze ein weites Potential zur Behandlung vieler weiterer Symptome hat. Darunter fallen zum Beispiel manche Krebsformen, Schlafstörungen, psychische Krankheiten inklusive Depressionen, Arthritis und die Autoimmunerkrankung Morbus Crohn. Das therapeutische Spektrum von Cannabisblüten- und ihren Extrakten könnte also sehr breit sein.
Der Weg zum Patienten
Bewegt durch diese Erkenntnis wird man Deutschland, das das Produkt bisher aus den benachbarten Niederlanden oder Kanada importiert, ab 2019 den medizinischen Anbau der Hanfpflanze auch selbst vorantreiben. Bis dahin sind Patienten auf Importe angewiesen. Als Patient sollte man darauf achten, vor Behandlungsbeginn eine Genehmigung der Krankenkasse einzuholen. Diesem wird in der Regel stattgegeben, da es im Gesetz heißt, dass ein Antrag auf medizinische Behandlung durch Cannabiswirkstoffe „nur in begründeten Ausnahmefällen“ von der Krankenkasse abgelehnt werden darf.
Unter vielen Ärzten hat ein Umdenken, was die Bedenken des Cannabis-Einsatzes betrifft bereits lange eingesetzt. Sie geben auf die Frage: „Cannabis – Droge oder Medizin?“ die Antwort: „Cannabis – Droge und Medizin“.