Gelbes Haar oder blondes Haar? In ihrer neuen Kolumne spricht Livia Karrenberg offen wie immer über den kleinen Unterschied auf den Köpfen reifer Damen. Und warum wir alle mit mehr Natürlichkeit leben könnten.
Ich fühle mich umzingelt von Damen mit gelben Haaren! Im Zug, auf der Straße oder im TV – überall begegnen sie mir. Der Trend bei der weiblichen Bevölkerung hat sich immer mehr zu Blond – oder seien wir ehrlich – zu Gelb entwickelt. Ich spreche da von einem Chrysanthemen-Pastellgelb. Bei so viel Wasserstoff auf den Häuptern könnte man sich wahrscheinlich ohne weiteres in die Luft sprengen, wenn man neben einer Gruppe „Möchtegern-Blondinen“ eine Zigarette anzündet.
Aber warum fühlen sich die meisten Frauen eigentlich attraktiver und sicherer, wenn sie ihre Haare färben? Warum denken die meisten Naturblonden, dass ihr Haar “Straßenköterblond” ist und geändert werden sollte? Ich persönlich kenne gar keine Frauen, deren Naturblond diesen Straßenköter-Touch hat. Und warum müssen individuelle Abstufungen von blond uniform in Gelb getaucht werden? Nur in den seltensten Fällen sieht doch das gefärbte Haar aus wie „echtes“ Blond. Dennoch fühlen sich etliche Frauen offenbar wohler, attraktiver und sicherer, wenn sie ihrer Haarfarbe verändern.
Auch Männer werden mittlerweile so durch die Werbung infiltriert, dass sie ihre grauen Haare überfärben. In diesem Zusammenhang bin ich häufig durch eine Zwangsvorstellung geplagt. “Nimm den Helm ab!!!” möchte ich immer rufen, wenn mir so jemand begegnet. Denn genau so sehen die Haare dieser Herren aus – wie ein Helm, der den Kopf bedeckt!
Ich frage mich nur, warum der Trend zur Verleugnung des eigenen Looks auch bei der Hauptbehaarung nicht aufhört?! Ich finde gefärbte Haare sind eine weitere Uniformierung in dem Sinne, nicht einzigartig zu sein und seinen Typ optimal in Szene zu setzen.
Bei fast jedem TV-Umstyling, das ich in meinem Leben gesehen habe, empfiehlt die Stylistin eine Haarfärbung. Natürlich nicht immer blond, hier wird auch gerne zu roter Farbe gegriffen. Leider aber meist mit dem Ergebnis, dass die Kundin weniger gut aussieht als zuvor. Auch bei älteren Damen, die kosmetisch wirklich gar nichts aus sich machen, fallen mir häufig gefärbte Haare auf. Egal wie fahl der Teint, egal wie fad der Style, gefärbte Haare müssen sein. Und dabei ist Stumpf meist leider Trumpf. Denn häufig hängen die Haare glanzlos und tot herunter. Das liegt daran, dass die teure und aufwendige Pflege, die für gefärbtes und besonders für blondiertes Haar nötig ist, vergessen wird.
Das jugendliche Aussehen definiert sich aber nicht durch gefärbtes Haar, sondern auch durch Hautdichte, -dicke und die Frische des Hautbildes. Wenn das Haar intensiv gefärbt ist, der Hautton jedoch fahl ist, lässt dieser Kontrast Männlein wie Weiblein eher älter als jünger aussehen.
Dabei gibt es doch genug Prominente, die es anders vormachen und ihr naturbelassenes Haar selbstbewusst tragen. Christine Lagarde ist so ein stilvolles Beispiel. Oder die Ladies aus Europas Adelshäusern. Ist Ihnen aufgefallen, dass die ihre Haare meist in ihrer Naturhaarfarbe belassen? Diese Damen haben nämlich Stylisten, die wissen, dass man individuell sein sollte, wenn man positiv herausstechen möchte. „Don’t imitate, innovate!“ lautet deren Maxime.
Natürlich sollte jeder tragen, was er oder sie will. Manchmal wünsche ich mir aber einfach die Zeit der 60er und 70er Jahre zurück, in der noch Pluralität auf unseren Köpfen herrschte.
Ihre Livia Karrenberg
Wahre Worte, liebe Frau Karrenberg! ich freue mich auf weitere erfrischende Kolumnen.