Das Thema einer eventuellen Mehrfachbesteuerung von Renten ist seit langem umstritten. Es ist klar, dass eine solche Praxis der Verfassung widerspräche. Allerdings war es lange Zeit unklar, auf welche Weise diese Besteuerung konkret berechnet werden sollte. Im Mai 2021 wurden vom Bundesfinanzhof (BFH) in zwei Urteilen Berechnungsmethoden für die Bestimmung einer doppelten Besteuerung von Renten festgesetzt. Das veranlasste die Politik dazu, schnell zu handeln und eine Änderung des Gesetzes anzustreben, um eine doppelte Besteuerung von Renten in der Zukunft zu verhindern.
Welche Auswirkungen hat die Doppelbesteuerung von Renten?
Viele Ruheständler äußern Unmut darüber, dass sie Abgaben für ihr Renteneinkommen zahlen müssen, obwohl sie zuvor bereits indirekt Steuern auf ihre Pensionsbeiträge geleistet haben. Diese Situation wird oft als eine Doppelbesteuerung bezeichnet. Doch der Sachverhalt ist komplexer, als er auf den ersten Blick erscheint. Es geht in Wirklichkeit um zwei verschiedene Beträge.
- der steuerfreie Geldbetrag, den man bei einer üblichen Lebenserwartung an Rente erhält („steuerfreier Rentenzufluss“)
- die aus bereits versteuertem Einkommen geleisteten Beiträge zur Rentenversicherung, welche nicht von der Steuer abgesetzt werden konnten („versteuerte Rentenbeiträge“).
Übersetzt in Bezug auf Doppelbesteuerung Rente heißt das: Wenn der Einkommenszustrom aus der Rente, der nicht versteuert wird, weniger ist als die bereits versteuerten Rentenbeiträge, bedeutet dies, dass Rentennachzahlungen versteuert werden. Mit anderen Worten: Ein Rentner zahlt Steuern auf einen Teil der bereits versteuerten Rentenzahlungen.
Doch wen betrifft es konkret? Es ist eine erfreuliche Nachricht: Die meisten Rentner bleiben von der Doppelbesteuerung unbehelligt. Diejenigen, deren Einkommen so gering ist, dass sie keine Steuern zahlen müssen, sind auf jeden Fall ausgenommen.
Betroffen sein können: Personen im Rentenalter, die erst vor kurzem eine Pension erhalten haben, früher selbständig waren und ihre Rentenversicherungsbeiträge meist aus eigenen Mitteln bezahlt haben. Ledige Senioren, die keine Hinterbliebenrenten erhalten. Männer, deren statistische Lebenserwartung geringer ist als die von Frauen, sie aber meist mehr verdient haben.
Es besteht eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass Menschen, die früher selbstständig waren, bei der Altersvorsorge benachteiligt sind. Das liegt daran das sie sich die Vorsorge ohne finanzielle Unterstützung eines Arbeitgebers aufbauen mussten. Personen, die ihr gesamtes Leben als Beschäftigte verbracht haben, sind tendenziell weniger betroffen.
Auf welche Weise kann ein Phänomen der Doppelbesteuerung entstehen?
Seit dem Jahr 2005 hat sich das Rentensystem grundlegend geändert. Bis dahin mussten Arbeitnehmer ihre Rentenversicherungsbeiträge aus bereits versteuertem Einkommen bezahlen, was bedeutete, dass der größte Teil der Rente dann von der Steuer befreit war. Dieser Vorgang hieß vorgelagerte Besteuerung. Daraus resultieren allerdings die Problematiken der Doppelbesteuerung.
Das Bundesverfassungsgericht entschied im März 2002, dass der Umstieg auf die nachgelagerte Rentenbesteuerung vollzogen werden muss. So wie es bei Pensionären, also Beamten im Ruhestand, immer schon der Fall war.
Das Alterseinkünftegesetz regelt seit 2005 schrittweise einen Umbau, der bis zum Jahr 2040 andauern wird. Seither erhöht sich jährlich sowohl der Anteil der steuerpflichtigen Rente als auch die Anzahl der Rentenversicherungsbeiträge, die als Vorsorgeaufwendungen steuerlich geltend gemacht werden können.
Das Problem wurde schlichtweg nicht als Problem erkannt
Es war bereits 2007 offensichtlich, dass die Kombination des neuen Rentensystems mit einem höheren Renteneintrittsalter bei einzelnen Personen zu einer Doppelbesteuerung der Rente führen könnte. Etwas, das 2002 vom Bundesverfassungsgericht als nicht akzeptabel bezeichnet wurde. Trotzdem reagierte die Politik lange Zeit nicht darauf.
Der damalige Finanzminister Olaf Scholz (SPD) bekräftigte 2019, dass es keine unmittelbare Notwendigkeit gab, das Alterseinkünftegesetz hinsichtlich der Rentenbesteuerung zu ändern. Diese Meinung wurde jedoch durch die rechtlichen Entscheidungen des Bundesfinanzhofs im Jahr 2021 so stark in Frage gestellt, dass die Politik schließlich, im Jahr 2023, eine Anpassung des entsprechenden Gesetzes anzustreben plant.