Wer die Tageszeitung aufschlägt, im Internet surft oder den Fernseher einschaltet, stößt immer wieder auf das Thema Digitalisierung. Technikbegeisterte sehen darin enorme Chancen für die Menschheit, aber es werden auch kritische oder ängstliche Stimmen laut. Arbeitnehmer fürchten, dass Roboter ihre Tätigkeit übernehmen und Pflegebedürftige sorgen sich, dass sie künftig von einer seelenlosen Maschine betreut werden.
Ein anderer Blick auf das Szenario könnte so aussehen: Wenn Roboter die Pflegekräfte bei körperlich anstrengenden Tätigkeiten unterstützen, haben die Pfleger mehr Zeit für den Patienten. Bevor wir jedoch an Kollege Roboter denken, gibt es Fortschritte durch die Digitalisierung, die den Menschen nutzen, ohne die Kontrolle abzugeben.
Die Wundertüte Internet
Es geht mit der bequemen Möglichkeit los, in aller Ruhe zu Hause die Fahrpläne des öffentlichen Nahverkehrs zu studieren oder eine Fahrkarte für die Bahn zu kaufen. Im medizinischen Bereich gibt es zudem spannende Anwendungen wie beispielsweise den Blutzucker oder sonstige medizinische Parameter zu überwachen. So lässt sich Gesundheitsvorsorge betreiben, ohne lange im vollen Wartezimmer zu sitzen. Doch es geht noch weiter. So sind inzwischen viele Museen Vorreiter in der Digitalisierung. Durch einen virtuellen Rundgang kommen Ausstellungen in anderen Städten und Ländern zum Greifen nahe.
Digitalisierung – Die Familie rückt näher
Der Kontakt zu weit entfernt lebenden Kindern oder Enkeln kann durch die Errungenschaften der Digitalisierung vertieft bzw. wunderbar aufrecht gehalten werden. Durch Skype lassen sich lange nahezu kostenfreie Gespräche ins Ausland führen. Mit WhatsApp können regelmäßig Fotos ausgetauscht werden. So verfolgen Sie aktiv die Entwicklung ihrer Kinder und Enkel. Hilfreich ist die Digitalisierung auch in Bezug auf das Thema Informationsbeschaffung. Vor dem Kauf von Produkten oder der Nutzung von Dienstleistungen im Internet können Sie sich vorab wunderbar informieren. Auf Yelp lässt sich prüfen, wie das neue Café im Nachbarort bewertet wird. Jamada hingegen hilft, einen neuen Facharzt zu wählen, dem bereits andere Patienten vertrauen. Wer im Alter nicht alleine sein will und eine neue Partnerschaft sucht, hat mit der Onlinepartnersuche völlig neue Möglichkeiten, dem Glück auf die Sprünge zu helfen.
Doch natürlich hat die Digitalisierung auch ihre Schattenseite. All diejenigen die neuen Techniken gegenüber nicht offen genug sind, bleiben durchaus auf der Strecke. Viele Unternehmen stellen ihren Service zunehmend auf das Internet um. Daher verschwinden immer mehr die gewohnten persönlichen Ansprechpartner. Doch so sehr man sich weiterhin das persönliche Gespräch mit dem Bankangestellten wünscht, händische Überweisungen werden über kurz oder lang aussterben. Daher ist es ungeheuer wichtig im Alter digitale Kompetenz zu erwerben und zu erhalten. Helfen können beispielsweise Kurse wie „Wir versilbern das Netz – das 1×1 der Smatphones und Tablets“. Viel wichtiger ist und bleibt jedoch die eigene Offenheit – wir wünschen Ihnen viel Spaß dabei und begleiten Sie gern!
Guten Tag Frau Kupka,
der Digitalisierung kann ich auch in der Arbeit mit meiner Seniorenassistenz “Alter im Mittelpunkt” viele Vorteile abgewinnen. Mein Smartphone ist ständig in Betrieb auf der Suche nach aufheiternden oder wissenswerten Nachrichten und Videos für meine Klienten. Viele SeniorInnen nutzen digitale Medien, um Kontakte zu pflegen, Medikamente zu bestellen, sich zu informieren usw. Alles sicherlich wahr und hilfreich. Trotzdem müssen wir aufpassen, dass alte, kranke oder auch finanzielll schlecht gestellte Menschen nicht ausgegrenzt werden. Es kann einfach nicht sein, dass es bestimmte preiswerte VRR-Tickets nur noch online oder per App gibt. Das ärgert mich zutiefst. Es kann ebenfalls nicht sein, dass Termine bei Ämtern nur noch online zu erhalten sind und ganz ehrlich, Papierüberweisungsträger sind nach wie vor wichtig. Beipiel: Wir haben eine privat versicherte 82-jährige Kundin (K-Versicherung + Beihilfe), die ihren gesamten Schriftwechsel nicht mehr wuppen konnte. Sie ist absolut nicht internetaffin und hat auch kein Handy. Soll ich ihr das zum Vorwurf machen? Ohne unsere Unterstützung wäre Einreichungen von Arztrechnungen im Wert von mehr als 10.000 Euro in die Hose gegangen. Alte Leute reagieren je nach Grad des Gesundheitszustandes mit totaler Überforderung und manchmal auch mit Resignation. Wollen wir diese Menschen im Stich lassen? Außerdem sind Computer, Handies, Tablets, elektronische Bücher allesamt Anschaffungen, für die man im Alter dringend intergenerative Hilfe benötigt. Außerdem kosten sie relativ viel Geld, was man erst mal haben muss. Gott sei Dank können sich Kinder oder eventuell ein guter Freund auch mit kleinen Hilfsprogrammen bei mir auf dem Computer einloggen, wenn es mal wieder restlos klemmt. Ich treffe im Alltag übrigens immer wieder junge Leute, die mir im Gespräch gestehen, dass sie ebenfalls unter Überforderung leiden. Das tröstet mich 😉 Die Technikentwicklung, immer rasanter…. So bunt, faszinierend, hilfreich und informativ die digitale Welt auch sein kann, man muss die Schattseiten auch mal ein wenig mehr in den Fokus rücken. Ich sehe sie tagtäglich und ich kann nicht sagen, dass ich in meiner Arbeit ausschließlich auf alte Menswchen treffe, die der Technik gegenüber nicht offen sind. Meine alte Frau S., ehemals tätig in einem Seniorenrat und in der Landesseniorenvertretung NRW ist noch recht fit, sowohl körperlich als auch geistig. Trotzdem hatte auch sie ein altes Computermöhrchen und wusste nicht so recht, was sie nun tatsächlich neu anschaffen sollte… Mein 74-jähriger Bruder, der Internetapotheken und Ecards liebt und sich auch sonst recht tapfer am Compi schlägt, bekommt regelmäßig Besuch von meinem Physikersohn ;-)). der dann den Compi durchcheckt… Das und Vieles mehr würde mir zu diesem Thema einfallen…, aber jetzt ruft die Arbeit. Ganz ehrlich: Manchmal werde ich auch ganz bescheiden und freue mich, wenn Angehörige und SeniorInnen wenigstens die gedruckten Informationsmedien zum Thema “Leben im Alter” oder “Barrierefreiheit” zur Kenntnis nehmen… Liebe Grüße Gisela Lenz
Liebe Frau Lenz,
ich danke Ihnen herzlich für das interessierte Lesen meines Artikels und Ihre ausführliche Zuschrift. Sie haben recht, dass die Digitalisierung auch ihre Schattenseiten hat. Diese habe ich bewusst nicht zu sehr ins Zentrum meines Beitrags gerückt. Selbst wenn sich viele Menschen wünschen, dass Dinge bleiben, wie sie sind, wird das kaum passieren. Technischer Fortschritt wurde in der Geschichte nie zurückgedreht, auch wenn es Erfindungen und Geräte gab, die an Bedeutung verloren. In der Summe hat die Technik jedoch stets das Leben der Menschen und die Arbeitswelt nachhaltig verändert. Denken wir an Waschmaschinen oder Spülmaschinen, ist der positive Effekt recht eindeutig.
Dennoch birgt Technik die Gefahr, Menschen von ihrer Nutzung auszuschließen. Vor diesem Hintergrund ist es wichtig, dass die Benutzerfreundlichkeit im Internet besser wird und die Anbieter sämtliche Zielgruppen vor Augen haben. Barrierefreiheit und Inklusion sind brennende Themen. Das fängt mit einer vernünftigen Navigation an, die besonders wichtig für blinde oder sehbehinderte Menschen ist und geht bis zu der Frage nach einfacher oder leichter Sprache. Die Umsetzung von Barrierefreiheit hilft nicht nur älteren Menschen, die nicht mehr gut sehen, sondern auch jenen mit kognitiven Einschränkungen oder Menschen, deren Muttersprache nicht Deutsch ist. In der Summe hilft Barrierefreiheit Allen, denn übersichtliche Seiten und intuitive Vorgänge erleichtern und beschleunigen das Surfen, auch für junge Menschen.
Unternehmen sparen längerfristig durch die Digitalisierung und die damit verbundene Automatisierung von Vorgängen Geld. Daher könnten sie es sich leisten, einen Extra-Service für jene Menschen anzubieten, die nicht alleine klarkommen. Es ist schön, wenn Senioren Kinder oder Enkel haben, die ihnen helfen, mit der Technik zurechtzukommen. Wer jedoch keine Kinder hat oder wessen Familie zu weit weg wohnt, braucht andere Unterstützung. Hier leistet Ihre Seniorenassistenz sicher hervorragende Dienste. Ich könnte mir auch Projekte mit Schülern oder Studenten vorstellen, in denen diese älteren Menschen Unterstützung anbieten. Sollte diese regelmäßig anfallen oder viel Zeit in Anspruch nehmen, wäre es fair, die jungen Menschen dafür zu bezahlen – eventuell aus staatlichen Töpfen.
Wäre es nicht schön, wenn die Sharing Economy dazu führt, dass Menschen, die sich ein neues Smartphone oder Tablet zulegen, bei älteren Nachbarn oder in einem Seniorenheim nachfragen, ob Interesse an den ausrangierten Geräten besteht? Was meinen Sie? Könnte das nicht ein schönes generationsübergreifendes Projekt werden? Allerdings setzt es voraus, dass die älteren Menschen auch Interesse am Internet mitbringen. Meine Eltern glauben bislang noch, dass es ausreichend ist, Kinder zu haben, die das Internet bedienen können. 😉 Meine Schwiegereltern hingegen sind „Power User“. Altersmäßig liegen beide Ehepaare nahe beieinander, was unterstreicht, dass es häufig (nicht immer!) eher eine Einstellungs- als Altersfrage ist.
Es grüßt Sie herzlich
Katja Kupka