„Ein toller Fonds!“ So könnte die Nachricht lauten, für die das Kürzel „ETF“ steht. Die Wahrheit hinter Exchange Traded Funds (ETF) ist freilich eine andere, eine höchst relative Realität. Exchange Traded Funds sind sog. börsengehandelte Fonds; mit weniger Kosten aber reduziertem Anspruch und ganz ohne jene Risiken, die mit Börsenhandel einhergehen. So weit, so gut. Tausende ETF schwirren denn auch heute durch das Anlageuniversum.
Das „Vermögensaufbauzentrum München“ hat jüngst veröffentlicht, wie viel die besten ETF für ihre Kunden herausgeholt haben. Im August 2018, zum Stichtag der Veröffentlichung, sah das alles vergleichsweise positiv aus: 2 bis 20 Prozent Plus mit Aktien-ETF in zwölf Monaten. Minus-Prozente mit Anleihen-ETF sind bei den heutigen Bedingungen normal. Nach August 2018 sind nun aber auch Aktien-ETF ins Minus gerutscht: Wenn die Kurse fallen, dann rechnen sich die Anteilwerte dieser Fonds entsprechend niedriger aus. Daran ändert auch die Börsennotierung der ETF nichts. Die Anteilwerte werden letztlich von den Fondsverwaltern kontrolliert. Überbewertungen oder Unterbewertungen wie sie im Börsenhandel mit Aktien und Anleihen vorkommen, gibt es bei ETF nicht.
Die Geburtsstunde der ETF
Wenn die Zeichen für Aktien oder auch für Anleihen mal schlecht standen, hatten Verwalter klassischer Investmentfonds Aktien und/oder Anleihen verkauft. Die Erlöse hatten die Verwalter im Zweifel sogar auf Festgeldkonten geparkt, bis sie glaubten, dass die Aussichten wieder besser waren. Dieses klassische Prinzip der Investmentfonds hat sich überholt. Die Ergebnisse der meisten klassischen Fonds blieben hinter den Erwartungen zurück; selbst hinter den Erwartungen der Verwalter. Die Kosten waren zu hoch.
Wissenschaftliche Studien fanden heraus, es sei immer besser, sprich ertragsreicher, ganze Märkte als Anlage auszusuchen anstelle einzelner Aktien oder Anleihen. Diese Erkenntnisse waren letztlich die Geburtsstunde der ETF. Seither haben allerdings nicht die Profiverwalter der Fonds den Schwarzen Peter der richtigen Auswahl. Jetzt müssen laienhafte Anleger entscheiden, ob sie z.B. auf den deutschen Aktienmarkt oder auf die berühmte Wallstreet vertrauen oder ob sie sich mit festverzinslichen Anleihen wohler fühlen. Das Urprinzip der Investmentfonds ist mit den allermeisten ETF umgekehrt: Nicht die Profis der Fonds entscheiden sondern die Laien am Bankschalter oder zu Hause beim Online-Banking. Computer können dann die Anlagestrategie der ETF verwirklichen.
Indexfonds heißt die Zauberformel
„Wo Aktienfonds draufsteht, müssen immer Aktien drin sein, auch wenn es mit Aktien mal runter geht.“ So lautet heute das Prinzip der Produktklarheit und -Wahrheit. Welche einzelnen Aktien in den Fonds liegen, das entscheiden nicht mehr die Fondsmanager sondern die Indexrechner der Börse. Welche Aktien beispielsweise mit ihren Kursen den Trend des Deutschen Aktienindex DAX bestimmen, das bestimmt die Deutsche Börse AG mit ihren speziellen Indexregeln. Diese Regeln beziehen sich nicht darauf, ob die Aktien hoch stehen oder hoch steigen werden. Für den Index sind andere statistische Größen entscheidend. Entsprechend ist es, wenn es sich z.B um einen ETF US-Aktien Dow Jones handelt oder um einen weltweit anlegenden ETF: Er wird seine Bestände immer so zusammensetzen, wie sich der MSCI-World-Index zusammensetzt.
„Indexfonds“ heißt die Zauberformel, mit der nichts mehr schief gehen kann – zumindest nicht für die Fondsverwalter. Mit dem Nachbau der definierten Indizes in den Fonds verfolgen die Verwalter eine sog. passive Anlagestrategie. Das spart Kosten und macht ETF für Anleger billiger. Ob das am Ende gut ist für Fondsanleger, das hängt von anderen Umständen ab.
Fondsanleger entscheiden
Anleihefonds sind im Prinzip flexibler. Grundsätzlich können sie Staatsanleihen aus Euro-Land mischen, also z.B. aus Deutschland und/oder aus Italien oder Unternehmensanleihen aus Europa einschließlich der Nicht-Euroländer oder vieles mehr. Wenn dann aber z.B. italienische Anleihen sinken, haben nicht die Fondsverwalter das Problem sondern die Anlegerkunden der Fonds. Sie hätten sich rechtzeitig mit der kritischen Entwicklung in Italien befassen sollen. Oder sie bringen so viel Geduld auf, dass sie durchhalten, bis die Zeiten für Anlagen in Italien wieder besser werden, so wie sie z.B. für Griechenland und Zypern wieder besser geworden sind. Selbst Mischformen, wie z.B. die „ComStage-Vermögensstrategien“, legen nicht direkt in Siemens-, Amazon- oder BP-Aktien an oder in Bundesanleihen. Diese Vermögenstrategien bauen ebenfalls auf ETF; je nach Risikowunsch der Anleger sogar auf Gold- oder Rohstoff-ETF oder vielleicht auf ETF, die in Fernost-Aktien investieren.
Wie krass sich diese passive Anlagepolitik auswirken kann, zeigt das Beispiel der Commerzbank-Aktie. Seit 2007 war die Commerzbank-Aktie immer tiefer gefallen. Der sog. DAX-Klassiker steckte in allen ETF-Indexfonds. Und ließ deren Anteilwerte nicht so steigen, wie wenn die Kurse von Aktien gesünderer Unternehmen im DAX und in den Fonds gelegen hätten; etwa die Papiere der Digitalfirma Wirecard oder der weltweit erfolgreichen deutschen Gen-Firma Qiagen. Als Wirecard dann im September 2018 in den DAX aufstieg, war es mit dem Aufschwung der hoffungsvollen Wirecard-Aktie erstmal vorbei; genau in dem Moment, als alle Indexfonds Wirecard gekauft hatten. Die Indexfonds waren gezwungen Wirecard zu kaufen. Egal, wie hoch der Kurs schon gestiegen war, die Fonds mussten ihr Anlagekonzept punktgenau umsetzen. Seither zählt die Wirecard-Aktie nun erst mal zu jenen Papieren der deutschen Börse, deren Kurse am meisten gesunken sind.
Meistens geht es aufwärts
Die Problematik der ETF-Indexfonds wird noch größer, wenn Fondssparer Kasse machen. Wer etwa im Boom des Jahres 2007 den ETF „Xtracker DAX“ der Deutschen Bank erwarb, der hat den Kurssturz des Jahres 2009 überstanden. Selbst nach dem Kursrutsch im Herbst 2018 liegt er noch mit mehr als 50 Prozent im Plus. Und könnte gut verkaufen. Je mehr Anleger nun aber Angst bekommen, die Aktienkurse könnten weiter abrutschen und je mehr Fondssparer verkaufen, desto mehr müssen Aktien-ETF aus ihrem Bestand verkaufen; auch „gute“ Aktien, wie Wirecard – im Prinzip – eine zu sein scheint.
Durch den Zwang, immer genau den Index nachbilden zu müssen, erhöht sich letztlich das Risiko der Anlage. Klassische Fonds konnten Auszahlungen an Anleger aus ihrem Geldbestand leisten. Sie mussten bei Rückgaben der Kunden nicht sofort etwas aus dem Fonds verkaufen. Dieser Risikopuffer ist durch den Siegeszug der ETF-Indexfonds verschwunden. Das hat aber auch einen entscheidenden Vorteil: Wenn es hoch geht, sind Anleger in Index-ETF´s auf jeden Fall auf der Gewinnerseite. Und zum Glück geht es ja in den meisten Jahren aufwärts mit Aktien.
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