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Wie schön war es vor Fast Fashion, als die Dinge für uns noch einen nachhaltigen Wert hatten. Als man sich das eine „gute“ Kleid gekauft hat, dass man zu besonderen Anlässen aufgetragen hat. Oder den Familienschmuck mit Liebe und Sorgfalt gehegt hat, um ihn dann mit Stolz an die nächste Generation zu vererben. Heute heißt es nur noch: je neuer, desto besser!

Erst neulich, als ich in der Düsseldorfer City unterwegs war, sprangen mir mal wieder etliche Einkaufstüten von Mode-Müll-Herstellern ins Auge und deren Besitzer, die diese voller Stolz – wie fette Beute – durch die Fußgängerzone chauffierten. Voller Stolz, obwohl es eigentlich beschämend ist.

Denn der Blick auf die Einkaufstüten rief mir erneut ins Bewusstsein, unter welch erbärmlichen und menschenverachtenden Bedingungen diese Mode hergestellt wurde. Und das auch noch einzig zu dem Zweck, um sie nach kürzester Zeit für etwas Neues wieder zu entsorgen.

Hochwertiges Material und Handarbeit sind der Schlüssel zu einem hochwertigen Modeprodukt. Bildquelle: © Raoul Ortega / Unsplash.com
Hochwertiges Material und Handarbeit sind der Schlüssel zu einem hochwertigen Modeprodukt. Bildquelle: © Raoul Ortega / Unsplash.com

Fast Fashion als Forschungsprojekt

Wäre das nicht schon empörend genug, kommt noch ein weiterer Missstand hinzu. Die Massen, die in Containern aus China oder Bangladesch oft über Wochen und Monate nach Europa transportiert werden, gehen dann in Form eines riesigen digitalen Geldbündels wieder zu ihren Absendern zurück. Dort bereichern sie dann die Wirtschaft und die Bosse der produzierenden Firmen, leider landen sie aber niemals bei denen, die die Waren mit ihrer Hände Arbeit herstellen. Karl Marx dreht sich im Grabe herum, wenn er wüsste, unter welch einem entkoppelten Verhältnis von Erschaffen und Erlös Mode heute produziert wird.

Letztlich bleibt jedoch festzuhalten: Schuld an dieser Entwicklung ist der Konsument, der einfach nicht bereit ist nachhaltiger einzukaufen. Und man muss auch kein Kommunist sein, um sich darüber zu empören.

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Die Uni Münster hat in diesem Zusammenhang ein einjähriges Forschungsprojekt, mit dem Namen FAST FASHION, eine verbraucherorientierte Analyse zur Verringerung des Massenkonsums, ins Leben gerufen. Die Westfälische Wilhelms-Universität Münster (WWU) hat den signifikanten Wandel in der Bekleidungsindustrie sehr schön formuliert: “Der Markt ist übersättigt, Bekleidung wird zur nicht geschätzten Wegwerfware und die Verbraucher verlieren den Sinn für Qualität.”*

Mein Eindruck ist, dass dieser Wandel ein Symptom eines allgemeinen gegenwärtigen Zeitgeistes darstellt, der in Gestalt eines permanenten Verlangens nach Aktualisierung und Optimierung in Erscheinung tritt. Ob es das Handy, eine App oder der eigene Partner ist. Der Aktualisierungswahn macht uns zu einer Wegwerfgesellschaft, in der fast nichts Bestand zu haben scheint oder Beständigkeit immer weniger wertgeschätzt wird.

Nachhaltigkeit und Wertigkeit sind auch inzwischen in der Modewelt gefragt. Bildquelle: © Toa Heftiba / Unsplash.com
Nachhaltigkeit und Wertigkeit sind auch inzwischen in der Modewelt gefragt. Bildquelle: © Toa Heftiba / Unsplash.com

Masse statt Klasse

Der Preis dafür ist höher, als es uns bewusst ist. Das Monetäre ist eine Facette. Eine weitere setzt uns dem permanenten Druck aus mitzukommen, bzw. mithalten zu müssen oder zu wollen. Diesem Druck kann man sich nur schwer entziehen. Wir müssen nicht das Fast Fashion Phänomen mit leben, oder bis zum jüngsten Tag in Singleportalen nach dem noch perfekteren Partner suchen. Doch in Bezug auf die Technologisierung gibt es kein Entrinnen. Ist das Handy zu alt, werden die Programme einfach nicht mehr unterstützt. Ich muss auf das nächste Modell umsteigen, und das bitte “fast” oder “faster” um es dann wieder wegzuwerfen und das Nächste zu kaufen!

In der Mode ist dieser Trend den Konsumenten in Fleisch und Blut über gegangen. Die Produkte sind billig, es tut nicht weh sie auszutauschen. Außerdem spielt Qualität kaum noch eine Rolle. In den 80ern hatten synthetische Materialien noch einen schlechten Ruf, heute fragen die Wenigsten nach der Materialzusammensetzung ihres Kleidungsstücks. Durch meinen Beruf kenne ich sehr viele Menschen, die im Fashionbusiness arbeiten. Selbst hier ist die Bereitschaft mehr für Mode und Ihre Qualität etwas zu investieren, eher gering. Obwohl/Auch wenn es finanziell wenig Unterschied macht, zählt am Ende eher Masse statt Klasse.

Ach, muss das schön gewesen sein, als die Dinge noch einen Wert hatten. Denn in einem bin ich mir sehr sicher: Fast Fashion wird uns niemals Fast Forward, also schneller vorwärts, gehen lassen, auch wenn dies der Zeitgeist ist.

 

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