Alles Lava, alles schwarz! Das war mein erster Eindruck auf der hawaiianischen Insel Big Island. Der Flughafen von Kailua Kona ist sprichwörtlich in erstarrte Lava gegossen. Ich kam direkt aus Honolulu und hatte noch die Frangipani-Bäume mit den großen Blüten, das üppige Grün der Täler und märchenhafte Wasserfälle im Kopf. Deshalb war ich ernüchtert und gleichermaßen fasziniert von den erstarrten Lavaströmen, die auf der Insel Hawaii allgegenwärtig sind.
Big Island ist, wie der Name verrät, die größte der hawaiianischen Inseln, sogar die größte Insel der Vereinigten Staaten. Das Eiland mit dem offiziellen Namen Hawaii ist Namensgeber für den ganzen Archipel – und es wächst noch weiter. Denn als Jüngste dieser Inselkette liegt Big Island noch immer über dem Hot Spot, der für die Entstehung Hawaiis verantwortlich ist. Aus dieser Öffnung in der Erdkruste wird kontinuierlich Lava nach oben befördert, die dafür sorgt, dass Big Island immer höher wird und nach Süden Land gewinnt.
Wer nach Big Island kommt, will natürlich in den Schlund des aktivsten Vulkans der Erde schauen und die Naturgewalten hautnah erleben. Doch auf Big Island gibt es mehr zu entdecken: Kultstätten der Ureinwohner Big Islands, eine außergewöhnlich ausgemalte Kirche, ein botanischer Garten mit exotischen Pflanzen, traumhafte Strände, heiße Badeteiche und eine erstaunliche Tierwelt.
Einzigartiges Erlebnis: Wanderung über den Lavasee
Die besonderen klimatischen Bedingungen am hochaktiven Vulkan Kilauea bringen ein grünes Paradies für Wanderer und Entdecker hervor. Klingt wie ein Widerspruch? Mitnichten! Hier im äußersten Südosten der Inselkette scheint jede Wolke, die über den Pazifik kommt und auf Land trifft, abzuregnen. Durch die Hitze des Bodens entsteht ein Treibhausklima, das Brillen beschlagen und Pflanzen prächtig gedeihen lässt – ein klassischer tropischer Regenwald!
Wir haben eine Wanderung durch den Kilauea Iki Krater unternommen, einem Nebenkrater des Kilauea. Dieser entstand 1959 bei einer 36 Tage andauernden Eruption. Bis zu einem halben Kilometer hoch schossen damals die Lavafontänen in den Himmel. Heute darf der erstarrte Lavasee im Kraterkessel auf einem ausgewiesenen Pfad, dem Kilauea Iki Trail, durchquert werden – eine Wanderung, die ich nur empfehlen kann.
Am Kraterrand bewegt sich der Wanderer auf schwarzer Erde, umgeben von gigantischen Farnen und exotischen Blühpflanzen. Sogar im Krater selbst brechen zwischen gerissenen Lavaplatten immer wieder kleine, rot blühende Bäume hervor. An vielen Stellen tritt auch heute noch Dampf aus – eine unwirkliche Szenerie!
Nächtliches Spektakel am Hauptkrater
Der derzeit aktivste Krater des Kilauea trägt den blumigen Namen Halema’uma’u. Hier brodelt ein Lavasee, den Besucher nicht direkt einsehen können. Der Aussichtspunkt des Jaggar Museums ist etwa 1,6 Kilometer von der Ausbruchsstelle entfernt und der beste Ort, um den Vulkan zu beobachten. Tagsüber ist hier eine große Asche-Rauch-Wolke zu sehen. Bei einbrechender Dunkelheit erhellt die flüssige Lava den Kraterrand und die Rauchwolke – ein beeindruckendes Schauspiel, das einen abendlichen Besuch am Aussichtspunkt lohnt.
Mit etwas Glück können Sie beobachten, wie ein Lavastrom ins Meer fließt. Das letzte Mal war dies Mitte März dieses Jahres der Fall. Aktuelle Information für die vulkanische Aktivität finden Sie auf der Webseite des Nationalparks.
Wissenswert: Der Hawaii Volcanoes National Park ist ganzjährig 24 Stunden geöffnet. Der Eintrittspreis beträgt pro Auto inklusive aller Insassen 20 Dollar, das Ticket gilt sieben Tage. Das Kilauea Besucherzentrum ist täglich von 9 bis 17 Uhr geöffnet. Hier erhalten Besucher alle wichtigen Informationen für den Besuch des Nationalparks. Die am Rande der Kilauea-Caldera gelegene Aussichtsterrasse des Jaggar Museums ist rund um die Uhr zugänglich.
Mystisch: der Pu’uhonua o Honaunau National Historical Parc
In der Westküste Hawaiis liegt südlich von Kailua Kona ein heiliger Ort. Hier fanden bis Anfang des 19. Jahrhunderts Menschen, die gegen die alten Gesetze der polynesischen Ureinwohner verstoßen hatten, Zuflucht. Denn in dieser Gesellschaft wurde Gesetzesbruch mit dem Tod bestraft. Der Bestrafung konnten sie in ein Pu’uhonua entkommen. Auf dem Gelände außerhalb der schützenden Mauern lebten Generationen von mächtigen Stammesfürsten.
In Pu’uhonua o Honaunau wurde ein Tempel rekonstruiert, der im 17. Jahrhundert als Grabstätte für die herrschenden Könige errichtet wurde. Das Mausoleum enthielt die sterblichen Überreste von 23 Herrschern. Geschnitzte Abbilder von Göttern umgeben den Tempel auf einer Landzunge noch heute. Als wir das Denkmal besuchten, demonstrierte ein Mann im Lendenschurz traditionelle Handwerkskunst und erinnerte so an die vielen Handwerker, die hier einst für den Königshof arbeiteten.
Pu’uhonua o Honaunau ist mir als mystischer Ort in Erinnerung geblieben, an dem die Meeresschildkröten an Land gehen, um im Sand ihre Eier abzulegen und die Menschen keine Schatten werfen. Kein Wunder: Durch die Lage Hawaiis etwas südlich des nördlichen Wendekreises brannte uns die Sonne im Juni zur Mittagszeit senkrecht auf den Kopf.
Extratipp: Painted Church Honaunau
Wenn Sie schon am Pu’uhonua sind, lohnt sich ein kleiner Abstecher zur katholischen Kirche von Honaunau. Ein belgischer Missionar ließ dieses kleine Gotteshaus um 1900 bauen, um schließlich eigenhändig den Innenraum auszumalen. Dem Hobby-Künstler ist es gelungen, die Illusion einer gotischen Kathedrale zu schaffen. Außerdem stellte er diverse biblische Szenen dar. Ich persönlich fand auch den Friedhof neben der Kirche interessant.
Paradiesisch: Hawaii Tropical Botanical Garden bei Hilo
In einem geschützten Tal nördlich von Hilo haben wir einen Paradiesgarten entdeckt. Im Hawaii Tropical Botanical Garden bilden gewaltige Palmen, Farne und Bambus einen Dschungel und den Hintergrund für üppig rot und violett blühende Stauden. An den Bäumen blühen Orchideen und Tillandsien. Wasserfälle, ein Bach sowie Fisch- und Seerosenteiche begleiten den Rundgang bis zum Ozean, der an dieser Stelle eine fotogene Felsenformation umspült.
Meine Familie musste übrigens schon vor der Ankunft im botanischen Garten den ersten Fotostopp ertragen. Ich konnte den Baumriesen mit dem dichten Behang aus Luftwurzeln und der Aussicht auf die Onomea-Bucht nicht widerstehen.
Wissenswert: Der Hawaii Tropical Botanical Garden hat täglich von 9 bis 17 Uhr geöffnet, außer an Feiertagen. Der Eintritt kostet für Erwachsene 20 Dollar.
Kalt oder heiß: Baden an der Kohala Küste und in warmen Pools
Zum Baden im Meer empfehlen sich die Strände an der Kohala Coast. Hier an der Nordwestseite der Insel ist das Wetter meist trocken, sonnig und warm. Die beliebten Badestellen locken mit feinem, weißen Sand und türkisfarbenem Wasser. Das ganze wird umrahmt von schwarzen Lavafelsen.
Achtung: Um zu manchen Stränden zu gelangen, müssen Sie eine Wanderung über Lavafelder absolvieren. Geschlossene Schuhe sind empfehlenswert, denn die Lavasteine sind sehr scharfkantig und heiß.
Auf der Ostseite der Inseln gibt es bei Puna warme Teiche. Durch Lava erhitztes Süßwasser fließt unterirdisch langsam in Richtung Meer und mischt sich dort mit dem kalten Wasser des Ozeans. So entstehen an der Küste in diesem Bereich zahlreiche warme Quellteiche zum Baden. Besonders beliebt bei den Einheimischen und Touristen ist der Ahalanui hot pond innerhalb des gleichnamigen Parks. Während im Hintergrund die wilde Brandung des Meeres rauscht, baden Sie hier in einem natürlichen, erderwärmten Swimming Pool.
Wissenswert: Planen Sie den Besuch des Ahalanui Parks während der Woche ein und fahren Sie morgens. So vermeiden Sie Stoßzeiten.
Wo die Buckelwale ihre Flitterwochen verbringen
Die Gewässer rings um Hawaii halten manche tierische Überraschung bereit: Delfine spielen vergnügt in den Buchten und verzaubern die Beobachter mit kunstvollen Sprüngen. Die Buckelwale gebären hier im Winter ihre Jungen und die riesigen Meeresschildkröten sind sowohl im flachen und im tiefen Wasser als auch am Strand unterwegs. In den Korallengärten vor Big Island wimmelt es nur so von Doktorfischen und anderen exotisch-bunten Lebewesen.
Was gibt es außer Bier auf Hawaii?
Tropisch farbenfroh geht es auch an Land zu. Die Blumenkränze, die aus Frangipani-Blüten gefertigt werden, sind allgegenwärtig, nicht nur bei Folkloreveranstaltungen. Ketten aus echten Blüten sind Zeichen von Zuneigung. Sollte Ihnen in Hawaii jemand einen solchen Blumenkranz um den Hals legen, wäre es sehr unhöflich, ihn abzunehmen oder zu verschenken.
Mit einem weiteren Klischee muss an dieser Stelle aufgeräumt werden: Es gibt Bier auf Hawaii, auch wenn ein beliebter Schlager etwas anderes behauptet. Trotzdem empfinde ich es als Frevel, auf Hawaii Bier zu trinken. Cocktails wie Pina Colada schmecken viel zu gut, um sie zu ignorieren. Zumal in Hawaii Ananas wachsen und schon zu jedem Frühstück serviert werden. Sie sind herrlich süß und nicht zu vergleichen mit den Früchten, die hierzulande angeboten werden.
Apropos Frühstück: Kaffee aus Kailua Kona zählt zu den besten Kaffees der Welt. Wer noch nie auf einer Kaffeeplantage war, sollte auf Big Island einen Abstecher in die Berge oberhalb Konas machen. Alleine der Regenwald, in dem die Kaffeeplantagen liegen, lohnt den Ausflug. Und der Kaffee schmeckt wirklich gut. Doch Achtung beim Kauf der wertvollen Bohnen: Sie sind sündhaft teuer.