Unser Onlinemagazin rückt Menschen in den Mittelpunkt, die älter als 59 Jahre sind. Für den Frankfurter Fotografen Karsten Thormaehlen ist das ähnlich, allerdings sind seine Modelle gleich deutlich älter als 59. Er hat sich vor zehn Jahren auf Porträts von Menschen spezialisiert, die 100 Jahre und älter sind. Auf der ganzen Welt porträtiert er Hundertjährige und zeigt eindrucksvoll, dass das Alter wirklich nur eine Zahl ist.
Herr Thormaehlen, was war Ihre weiteste Reise, die Sie für Ihre Aufnahmen unternommen haben und was haben Sie dort erlebt?
„Lima war mit 15 Flugstunden am weitesten weg, es war dort auch am schwierigsten, Hundertjährige aufzufinden und Treffen zu arrangieren. Ich musste zuerst Bekannte von Freunden von meinem Projekt überzeugen und diese mussten herumtelefonieren, um die alten Landsleute oder deren Familien aufzustöbern. Das dauerte drei, vier Tage, da die Kontaktpersonen dies neben ihrem Tagesgeschäft unentgeltlich erledigten. Erschwerend kam hinzu, dass bestimmte Stadtteile Limas für Touristen als nicht besonders sicher gelten. Man bekommt ein mulmiges Gefühl, wenn der Taxifahrer an der Ampel sagt, ich solle meine Kamera besser unter dem Vordersitz, von außen nicht sichtbar, verstauen. Die Wohnanlagen in den Außenbezirken gleichen richtigen Festungen, mit vier Meter hohen Mauern, Stacheldraht und Stahltoren, könnten sie jedes Hochsicherheitsgefängnis hierzulande schmücken.“
Für die Aufnahmen benötigt Thormaehlen insgesamt ein bis zwei Stunden, wobei das eigentliche Fotografieren lediglich eine Viertelstunde in Anspruch nimmt. Die Aufnahmeorte seiner Porträts sind vielfältig und nicht zwangsläufig die Wohnung der 100-Jährigen.
Wo enstehen Ihre Fotos üblicherweise?
„Meine Aufnahmen entstanden am Wohnort der alten Menschen – oder zum Beispiel auf Okinawa in sogenannten Daycare-Centern. Das sind Einrichtungen, die die alten Menschen aufsuchen und wo sie sich gemeinschaftlich betätigen oder auch medizinisch versorgen lassen können. Die Bandbreite der Orte könnte grösser nicht sein, vom hypermodernen Wohnloft in Los Angeles bis zu fensterlosen Lehmhütten in Ecuador war eigentlich alles dabei.“
Bei 59plus berichten wir immer wieder über ältere Menschen, die mit ihrer Freude am Internet und der Digitalisierung neue Dinge erleben und Kontakte knüpfen.
Sind von Ihnen porträtierte Hundertjährige noch im Internet und auf Social Media aktiv?
Das konnte Thormaehlen sofort bestätigen: „Ich habe tatsächlich einige 100-Jährige getroffen, die das Internet, E-Mail und soziale Medien sehr aktiv nutzen. Allen voran die US-Amerikaner, die online Kontakt zu allen denjenigen halten, die ihnen wichtig sind. Ähnliches habe ich auch in Deutschland, Frankreich, Skandinavien und Japan erlebt. Da erweist sich das Netz wirklich als Segen, weil die Alten so einen Kommunikationsweg zur allerjüngsten Generation, den Enkeln und Urenkeln haben, den es vor 20 Jahren noch nicht gab!“ In Südamerika und im Mittelmeerraum traf Thormaehlen noch häufig Großfamilien mit mehreren Generationen unter einem Dach an. Statt auf Facebook zu posten, wird dort nur über den Hof gerufen, um miteinander zu kommunizieren.
Zu guter Letzt wollten wir wissen, wie die Begegnungen mit den 100-Jährigen ihn und seinen Blick auf das Alter verändert haben und wie er selbst später zu leben wünscht.
„Ich weiß nicht, ob die Begegnungen mich verändert haben. Ich denke aber, ohne dieses Projekt hätte ich heute einen anderen, weniger optimistischen Blick auf das eigene älter werden. Vorausgesetzt ich werde gesund ähnlich alt wie meine „Models“, sollte ich mir eine gewisse positive Grundeinstellung zum Leben an sich bewahrt haben. Dann würde ich mir täglich Aufgaben stellen, Ziele setzen und soziale Kontakte pflegen.“
Vielen Dank für das Gespräch Karsten Thormaehlen!
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