Katharina stellt vor: “Moosflüstern” von Joachim B. Schmidt

Heinrich Lieber kennt keine Dramen, Emotionen, Gefühlsausbrüche. Er nimmt die Nachricht zunächst regungslos hin, typisch für ihn. Der Büromensch, überkorrekter Bauingenieur, Gatte in einer „ausgeliebten“ Ehe, zwei Kinder. Hager, unsportlich, zu große Brille (Zitat: „Ein Bürogummi eben“).

Er hat grade andere Sorgen. Durch einen lange zurückliegenden Fehler in einer seiner Zeichnungen sind bei einem Gebäudeeinsturz zwei Arbeiter ums Leben gekommen. Heinrich ist vollkommen überfordert. Die zweite Protagonistin, seine Mutter Anna erzählt uns ihre Geschichte aus der Ich-Perspektive. Basierend auf Tatsachen, befand sie sich 1949 auf dem Dampfer „Esja“, der 200 Frauen aus Deutschland nach Island brachte, wo sie sich als Dienstmägde verdingten. Ein schweres Schicksal, aber für Anne eine Flucht (ohne Mann und Kind), raus aus dem Trauma ihrer Kriegsjahre. Heinrich entschließt sich spontan doch auf Spurensuche zu gehen und reist überstürzt nach Irland.

Zwei parallele Geschichten, die mich in den Bann zogen. Zwei Schicksale, so unterschiedlich, aber doch eng verbunden. Mutter und Sohn. Das bewegende Leben von Anna, die sich ihren Weg erkämpft und doch an Trauer stirbt. Heinrich, der Korrekte, der sich auf eine schicksalshafte Reise ins Unbekannte begibt. Absolut lesenswert und zudem sehr interessant, mehr über diese mutigen, deutschen Esja-Frauen zu erfahren. Ein mir bislang unbekanntes Kapitel.