Fast jeder vierte Renten-Euro stammt vom Steuerzahler und nicht vom Beitragszahler der Deutschen Rentenversicherung. Tendenz steigend. Rentnerinnen und Rentner zahlen also immer mehr ihrer Bezüge selbst – mit Steuern, die sie auf Renten und Einkäufe „abdrücken“.
„Die Staatsrente bleibt unbesteuert.“ Das ist die fast heilige politische Nachricht. Die Realität sieht jedoch zunehmend anders aus: Wer 2018 in Rente geht, muss sich auf alle Zeiten 76 Prozent seiner Bruttorente besteuern lassen. Das bedeutet: Wer sich z.B. über brutto 1.300 Euro pro Monat oder umgerechnet über 43 Euro pro Tag freut, der wird sich 2019 über 110 Euro Steuern ärgern. So viel muss er nach pflichtgemäßer Abgabe der Steuererklärung sowie nach Berücksichtigung von Freibeträgen für 2018 an „Rentnersteuer“ nachzahlen; immerhin für das gesamte Jahr 2018. Das ergeben einschlägige Berechnungsmodelle.
Immer mehr zahlen Rentnersteuer
Diese “Rentnersteuer” ist nichts anderes als Einkommensteuer. Mit den 110 Euro Steuern finanzieren Rentner ihre Renten selber; zumindest teilweise. Diese Steuern sind in jedem vierten Euro Rente enthalten, die der Steuerzahler als sog. Bundeszuschuss beisteuert; zusätzlich zu den jeweils drei Euro, die umgelegt werden aus den Rentenbeiträgen der aktuell Werktätigen.
Rentner finanzieren ihre Staatsrente zusätzlich auch über sog. indirekte Steuern. Wer 2018 als Neurentner 43 Euro tägliche Bruttorente bekommt, der kann netto nach dem automatischen Abzug für Krankenkasse und Pflegekasse sowie nach Abzug der Steuern etwa 35 Euro pro Tag ausgeben. Beispielsweise 600 Euro Monatsmiete bedeuten umgerechnet 20 Euro pro Tag. Soweit man unterstellt, die verbleibenden 15 Tages-Euro würden für Nahrungsmittel ausgegeben, soweit wäre darin ein Euro Umsatzsteuer enthalten; nämlich sieben Prozent.
Soweit es nur um diese Minibeträge ginge, wäre die Selbstfinanzierung der Rentner nicht der Aufregung wert. Gegebenenfalls fallen aber noch Biersteuer oder Kaffeesteuer an oder Stromsteuer, Kfz-Steuer und viele andere dieser indirekten Steuern z.B. auf Versicherungen oder auf Zigaretten. Hundesteuer kommt ggfs. noch dazu für die Gemeinden. Ausgaben für Medikamente und andere Dinge enthalten 19 Prozent Mehrwertsteuer.
2018 gehen etwa 1,5 Mio. Versicherte neu in Staatsrente. Die Zahl der Neurentner steigt, bis 2025 die 1958er in Rente gegangen sein werden. Ebenso steigt der Anteil der Bruttorente, den Neurentner auf alle Zeiten besteuert bekommen. Neurentner des Jahres 2040 werden – nach heutigem Gesetzesstand – ihre gesamte Staatsrente versteuern müssen. Damit steigt der Anteil der Renten, den Rentnerinnen und Rentner selbst finanzieren. Aktuelle Hochrechnungen sehen – logisch – den Steuerzuschuss des Bundes zur Rentenkasse jedes Jahr weiter steigen.
Private Vorsorge wird mit Steuern bestraft
Nur wenige Rentner bekommen jedoch 1.300 Euro brutto. Neurentner des Jahres 2018 müssen sich durchschnittlich mit etwa 900 Euro pro Monat oder 30 Euro pro Tag bescheiden; brutto wohlgemerkt vor Abzug von Krankenkasse und Pflegekasse. Steuern fallen bei diesen Beträgen nicht an, sofern diese Rentner nicht dem vielstimmigen Rat gefolgt sind, privat vorgesorgt zu haben. Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) hat gerade – nachvollziehbar – ausgerechnet, dass mehr als die Hälfte der RentnerInnen, die von 2020 bis 2030 in Rente gehen werden, nicht mit dem Geld auskommen werden.
Wer zusätzlich zur durchschnittlichen 900-Euro-Staatsrente monatlich vielleicht noch 400 Euro Betriebsrente bekommt, in Summe also 1.300 Euro, der ist dann für 2018 mit 91 Euro Jahressteuer dabei. Wer 400 Euro Betriebsrente bekommt, der dürfte sich auch über eine überdurchschnittliche Staatsrente freuen; z.B. über 1.300 Euro. In diesem Fall (mit 400 Euro Betriebsrente) steigt die Jahressteuer schon auf knapp 700 Euro. Abzüge wegen der ärgerlichen Nachbelastung von Betriebsrenten mit Sozialabgaben sind dabei noch nicht berücksichtigt.
Private Rentenversicherungen erhöhen die Selbstfinanzierungquote der Rentner weiter: Wer das Erlebensalter für seine Rentenversicherung auf 65 Jahre festgelegt hat, der muss auf alle Zeiten 18 Prozent der Renten versteuern. Von vielleicht 300 Euro monatlicher Privatrente sind also 54 Euro zu besteuern. Bei 20 Prozent Steuersatz sind das 10,80 Euro pro Monat. Und so steigen die Rentnersteuern weiter.
Politik ist, wenn es am Ende immer um Steuern geht, nicht um Menschen
Wer 2025 mit 1.300 Euro in Staatsrente geht, der wird schon ohne Betriebsrente mit 377 Euro Jahressteuer dabei sein. Einschließlich 400 Euro monatlicher Betriebsrente sind dann schon fast 1.200 Euro Steuern fällig; exakt 93 Euro pro Monat. Wohlgemerkt: 1.300 Euro Rente im Jahr 2025 entsprechen dann vielleicht noch etwa 1.000 Euro heutiger Kaufkraft. Eine heutige 1.300-Euro-Staatsrente wird 2025 bei etwa 1.500 Euro liegen. Dann sind einschließlich 400 Euro Betriebsrente schon reichlich 1.500 Euro Jahressteuer fällig. Eine volle Monatsrente zahlt der 2025er-Neurentner dann schon sich selber; ohne Einrechnung der indirekten Steuern. Wie schwierig es ist, erstmal zu diesen Bezügen zu kommen und wie schwierig es bei steigenden Mieten und sonstigen Umlagen sein wird, mit dem Geld auszukommen, das ist überflüssig, noch einmal zu erwähnen.
Aus Sicht der Staatsfinanzierer ist der Trend klar. In der kommenden Rentner-Republik müssen Rentnerinnen und Rentner das einzahlen, was Nicht-Rentner nicht mehr aufbringen. Politik ist, wenn es am Ende immer um Steuern geht.
Ein Kommentar von Martin Beier