Seine Orchester erneuern eingefahrene Kompositionen, fügen zusammen, was vorher getrennt war und trennen jenes, was vorher untrennbar schien. Wie kaum ein anderer schafft es Star-Dirigent Kristjan Järvi, in seinen Sinfonieorchestern neue Klangwelten aus alten Stücken zu schaffen und fremde Einflüsse einzubringen.
Der 1972 in der estnischen Hauptstadt Tallin geborene kam schon früh mit der Musik in Kontakt. Musik war stets von zentraler Bedeutung in der Familie. Sowohl sein älterer Bruder Paavo Järvi als auch sein Vater Neeme Järvi sind als Dirigenten tätig. Die Familie hungerte damals nach jeder Art von Musik, und so fanden unterschiedlichste Werke aus dem Westen, klassische aber auch Pop-Platten, Zugang ins Elternhaus in der damaligen Sowjetunion.
Kristjan Järvi bricht dirigentische Konventionen
So vielseitig und offen damals der Umgang mit Musik war, sind es jetzt Järvis Kompositionen. Er dirigiert mit Leidenschaft und Innovation, mischt Stücke aus unterschiedlichen Genres, lässt ganze Musikkulturen aufeinander prallen. Wer bei einem Konzertbesuch darauf aus ist, seine Eindrücke fein säuberlich nach Musikrichtung und Epoche einzuordnen, wird enttäuscht werden. Schubladendenken ist bei Järvi nicht angesagt.
Järvi hat zahlreiche internationale Orchester dirigiert und ist aktuell als Chefdirigent von vier Ensembles ein vielbeschäftigter Mann. Darunter ist sein idealistisches Großprojekt Baltic Sea Youth Philharmonic, das junge Musiker aus zehn Ostsee-Anrainerstaaten zum gemeinsamen Musizieren zusammenbringt.