Frauen hochrangiger Politiker haben es nicht leicht. Sie stehen im Rampenlicht und die Öffentlichkeit verfolgt genau, was sie tun und wie sie auftreten. Idealerweise sollten sie nicht zu sehr auffallen und im Wesentlichen ihrem Partner den Rücken freihalten. Dieses Frauenbild hat schon vor Angela Merkel nicht mehr gut funktioniert. Wie wir am Beispiel der Clintons sehen, haben mitunter Ehepartner sogar eigene politische Ambitionen.
Bis 1977 konnte in Deutschland bekanntlich der Ehemann seiner Frau verbieten, berufstätig zu sein. Daher war es wenig verwunderlich, dass viele Frauen nach der Familiengründung oder bereits nach der Eheschließung ihren Beruf aufgaben.
Hannelore Schmidt, uns allen besser als Loki Schmidt bekannt, ist mutig ihren eigenen Weg gegangen. Sie arbeitete mehr als 30 Jahre als Lehrerin und engagierte sich darüber hinaus für den Natur- und Pflanzenschutz. Dafür verlieh ihr der Hamburger Senat zu ihrem 80. Geburtstag den Ehrentitel Professorin und 2000 zeichnete sie der Fachbereich Biologie der Universität Hamburg mit der Ehrendoktorwürde aus. Zwei Jahre nach ihrem Tod wurde der Botanische Garten in Hamburg in „Loki-Schmidt-Garten“ umbenannt. Lange Jahre unterstützte sie dort die Erforschung und Erhaltung biologischer Vielfalt.
In insgesamt zwölf Büchern erzählte sie über ihr Leben, befasste sich mit den botanischen Gärten Deutschlands oder schrieb ein „Naturbuch für Neugierige“.
Loki und Smoky – die lebenslange Bindung des Ehepaars Schmidt
Loki Schmidt wurde als Hannelore Glaser am 3. März 1919 in Hamburg geboren. Ihren späteren Ehemann Helmut lernte sie bereits im Gymnasium kennen und heiratete ihn mit 23 Jahren. Loki Schmidt brachte zwei Kinder zur Welt, wobei ihr Sohn im Säuglingsalter starb. Ihre Tochter Susanne trat als Volkswirtin in die Fußstapfen des Vaters und lebt seit vielen Jahren als Wirtschaftsjournalistin und Buchautorin im britischen Kent.
Loki Schmidt war schon früh sehr an der Natur interessiert und hätte liebend gerne Biologie studiert. Da sie aus einer armen Familie stammte und kurz nach dem Abitur der Zweite Weltkrieg ausbrach, konnte sie ihren Traum leider nicht verwirklichen. Wegen der hohen Studiengebühren entschied sie sich daher für das kürzere Studium zur Volksschullehrerin. Als Lehrerin versorgte sie die kleine Familie, während der künftige Bundeskanzler studierte. Bis 1972 unterrichtete sie an Grund- und Realschulen in Hamburg. An der Schule Othmarscher Kirchenweg war sie 13 Jahre als Lehrerin tätig. Im Jahr 2012 wurde sie zu ihren Ehren in Loki-Schmidt-Schule umbenannt.
Als 1974 Helmut Schmidt die Kanzlerschaft angeboten wurde, riet sie ihm zu. Auch künftig war sie als Ratgeberin stets an seiner Seite, ganz besonders natürlich, wenn es um die Themen Frauenrechte und Bildung ging. Den Wahlkampf ihres Mannes 1976 steuerte und unterstützte sie nach Kräften. Dabei nahm sie zahlreiche eigene Termine war. Als Kanzlergattin übernahm sie die vorgesehenen protokollarischen Aufgaben, setzte dabei aber eigene Akzente. Im Vergleich zu früheren Kanzlergattinnen war sie von Anfang an aktiver und trat stärker in Erscheinung.
Damenprogramm mal anders mit Loki Schmidt
Galt es für die Begleiterinnen ausländischer Staatsgäste das „Damenprogramm“ zu organisieren, legte Loki Schmidt Wert darauf, dass die Themen Natur und Umwelt immer wieder eine Rolle spielten.
Ging sie mit ihrem Ehemann auf offizielle Staatsreisen, hielt sie sich nicht immer an das Protokoll. Sollte sie sich in arabischen Staaten als Frau „unsichtbar“ machen, ging ihr das kräftig gegen den Strich. So setzte sie sich in Abu Dhabi ungefragt neben den Scheich und führte mit ihm ein Fachgespräch über Systeme, um Pflanzen zu bewässern. Sie hatte keine Angst vor hohen Tieren und kam als kluge, warmherzige und bodenständige Frau bei fast allen Gesprächspartnern gut an. Mitunter musste sie auch die Wogen glätten, wenn Schmidt Schnauze mal wieder übers Ziel hinausschoss und einen Gesprächspartner brüskierte.
Ende 1974 lud sie die gerade einmal 30 Politikerinnen des Deutschen Bundestags in den Kanzlerbungalow ein – unabhängig von deren Parteibuch. Wenn es um Gleichberechtigung und Emanzipation ging, versuchte Loki Schmidt immer wieder, die passenden Akzente zu setzen.
Gleichzeitig engagierte sie sich immer stärker für den Naturschutz. Nach dem Ende der Kanzlerschaft ihres Mannes im Jahr 1982 konzentrierte sie sich noch stärker auf den Schutz gefährdeter Pflanzen. Als ehemalige Lehrerin äußerte sie sich auch immer wieder gerne zu Fragen der Schulpolitik.
Voller Einsatz für gefährdete Pflanzen
Im Jahr 1976 gründete Loki Schmidt das „Kuratorium zum Schutze gefährdeter Pflanzen“ und überführte es drei Jahre später in eine Stiftung. Seit 1980 wählt die Stiftung die „Blume des Jahres“ um auf Wildblumen und ihre Lebensräume aufmerksam zu machen. Für 2019 kürte die Stiftung die Besenheide zur Blume des Jahres. Sie ist in Heidelandschaften, aber auch an Waldrändern, Dünen, Hochmooren und sogar an Straßenrändern zu finden.
Nach der Fusion mit der Stiftung Naturschutz Hamburg wird die heutige „Stiftung Loki Schmidt zum Schutze gefährdeter Pflanzen“ im Volksmund kurz „Loki Schmidt Stiftung“ genannt.
Bis in die 1990er Jahre unternahm die passionierte Hobby-Botanikerin mit jungen Wissenschaftlern zahlreiche Forschungsreisen nach nah und fern, um die Pflanzenwelt noch besser kennenzulernen. Während dieser Zeit veröffentlichte sie wissenschaftliche Fachbücher über so ausgefallene Themen wie die Verhaltensökologie tropischer Eisvögel in Ostafrika. Ein Stück weit holte sie damit ihren Jugendtraum nach, als sie Biologie studieren wollte.
Wir erinnern uns gerne an Loki Schmidt
In Mexiko entdeckte sie 1983 sogar eine bis dato unbekannte Bromelienart. Sie erhielt prompt den Namen Pitcairnia Loki-Schmidtii nov.spec. Vier weitere Pflanzen sowie ein Skorpion wurden im Laufe der Zeit ebenfalls nach ihr benannt.
Dank ihres Engagements als Naturschützerin wird sie 2009 zur Ehrenbürgerin ihrer Heimatstadt Hamburg ernannt. Zwei Jahre, bevor sie ihre Gnadenhochzeit mit Helmut hätte feiern können, starb Loki im Alter von 91 Jahren am 21. Oktober 2010. Am 3. März 2019 wäre sie hundert Jahre alt geworden.
Sind Sie wie wir der Meinung, dass Loki Schmidt eine beeindruckende und interessante Persönlichkeit war, und möchten noch mehr über ihr Leben erfahren? Wir haben einen Buchtipp für Sie: Im Hoffmann und Campe Verlag erscheint das Buch Auf einen Kaffee mit Loki Schmidt erstmals als Taschenbuch. Der Autor Reiner Rehberger war zu Lebzeiten mit dem Ehepaar Schmidt befreundet und begleitete Loki Schmidt in verschiedenen Projekten. Er erlebte sie als sympathische und interessierte Gesprächspartnerin, die lieber über die Naturschutz als über Mode sprach. Zwanzig der zahlreichen Gespräche mit ihr, hat er für das Buch dokumentiert. Im November 2018 veröffentlichte er die Paarbiografie Die Schmidts. Ein Jahrhundertpaar, die bereits zum Spiegel-Bestseller wurde.
Wir verlosen 3 x die Biographie Auf einen Kaffee mit Loki Schmidt. Das Gewinnspiel endet am 29.03.19.