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Haben Sie schon einmal daran gedacht, Ihr berufliches Fachwissen in Ländern, wo Armut herrscht, einzusetzen? Wie dies gelingen kann, zeigt das Beispiel des Unternehmers Jan Boshuizen, der mit der Organisation „Manager ohne Grenzeneine Bauernkooperative in Sambia mit seinem Know-how unterstützt hat.

Herr Boshuizen, wie sind Sie darauf gekommen, sich nach dem Austritt aus der eigenen Firma ehrenamtlich zu engagieren?

Schon seit einigen Jahren beschäftigt mich das Thema „rauchfrei Kochen“. Die Hälfte der Weltbevölkerung bereitet ihr Essen über offenem Feuer zu, was eine starke Luftverschmutzung und einen hohen CO2 Ausstoß bewirkt und zudem zu einer starken Abholzung von Wäldern beiträgt. Das ist weltweit ein großes Problem. Hinzu kommen durch den Rauch verursachte erhebliche Gesundheitsprobleme. Ich habe nach Möglichkeiten gesucht, um dazu beizutragen, dieses Problem zu lösen. Auf einer Messe, die ich besucht habe, machte jemand Werbung für die Organisation „Manager ohne Grenzen“, deren Konzept ich sehr interessant fand.

Wie sieht das Konzept von „Manager ohne Grenzen“ aus?

„Manager ohne Grenzen“ schickt auf Anfrage von Unternehmen und Organisationen Manager für eine Periode von maximal drei Monaten zu Projekte in Entwicklungsländern. Mit der Mission, Armut zu bekämpfen. Allerdings nicht, indem man Geld spendet, sondern indem man die Leute dazu anregt, wirtschaftlich zu denken und sich wirtschaftlich gut zu organisieren. Das finde ich eine tolle Mission. „Manager ohne Grenzen“ bietet Einführungsseminare für Interessenten an.

Mit Manager ohne Grenzen haben Sie dei Möglichkeit Entwicklungshilfeprojekte aktiv vor Ort zu unterstützen. Bildquelle: © Rawpixel / Unsplash.com
Mit Manager ohne Grenzen haben Sie dei Möglichkeit Entwicklungshilfeprojekte aktiv vor Ort zu unterstützen. Bildquelle: © Rawpixel / Unsplash.com

An einem habe ich teilgenommen. Das hat mich begeistert und nach einigen Monaten bekam ich ein Projektangebot, das sie auf Basis meiner Interessen und meinem beruflichen Fachwissen ausgesucht hatten. Es war ein Projekt in einem sambischen Dorf bei einer Bauernkooperative, die Unterstützung bei der wirtschaftlichen Nutzung einer Lagerhalle brauchte, wofür ich mein Managementwissen einsetzen konnte. Ich habe mich dafür entschieden, da ich es als eine Chance sah, mich darüber zu informieren, wie das Kochen über offenem Feuer in der Praxis aussieht und wo man ansetzen kann beim Nachdenken über umweltschonende – und gesundheitsfördernde Lösungen.

Wer übernimmt die Kosten für die Organisation, die Reise und die Unterkunft vor Ort?

Normalerweise arbeitet „Manager ohne Grenzen“ mit Managern aus Großunternehmen zusammen, die eine Auszeit nehmen wollen und dies entweder selbst finanzieren. Oder auf Kosten des Arbeitgebers entsandt werden. Aber auch als dauerhaft ausgeschiedener Unternehmer konnte ich mich anmelden und habe dann die Reisekosten und auch die Beteiligung an den organisatorischen Kosten selbst bezahlt. Vor Ort in Afrika hat die Kooperative meine Unterkunft, Transport und das Essen bezahlt. Das war für sie richtig viel Geld. Es gehört zur Philosophie, dass die Partnerunternehmen auch Energie und Geld investieren müssen, um die Motivation zu erhöhen, für sich das Beste herauszuholen. Es werden immer Teams von zwei Personen für die Projekte ausgesucht. Ein Senior und ein Junior Manager. Bei mir war es Nora, eine frisch absolvierte Studentin der Betriebswirtschaftslehre.

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Was waren Ihre konkreten Aufgaben in Sambia?

Wir haben Workshops gemacht mit dem Vorstand der Bauernkooperative über ihren aktuellen Zustand, welche Zukunftsvisionen sie haben und welchen Weg man gehen müsste, damit sie ihr Ziel erreichen. Das zentrale Thema war Armut, Hunger und Unterernährung, auch für die Leute von der Kooperative. Ihr Ziel war es, vielfältige Pflanzen auf eine naturfreundliche Art und Weise anzubauen und die erschöpfte Erde in eine fruchtbare zu verwandeln, die den Menschen eine gute Ernährungsgrundlage bietet.

Das nennt sich Integrated Farming. Man baut nicht mehr nur Mais an, sodass bei einer Missernte alles verloren ist und die Menschen nichts zu essen haben. Stattdessen baut man mehrere Gemüse-und Getreidesorten abwechselnd und nebeneinander an, verzichtet auf Kunstdünger und arbeitet mit natürlichem Dünger wie Kompost, Kuhmist und dergleichen.

Zum Beispiel gab es einen Kleinbauern, der Bohnen unter dem Mais angepflanzt hat, die an den Maisstangen hochgewachsen sind. Nachdem Mais und Bohnen geerntet waren, wurde der Rest nicht umgepflügt, sondern das Grünzeug diente als Futter für Schweine, die gleichzeitig die Felder durch ihren Kot gedüngt haben. Damit hat er seine Erde auf einem fruchtbaren Niveau gehalten. Diese Anbaumethode reduziert die Abhängigkeit vom Wetter und es führt zu besseren Erträgen. Aber es ist ein Wandlungsprozess, bei dem die Bauern lernen müssen, auf neue Art zu denken und sich neues Wissen anzueignen.

Jan und Nora mit dem Vorstand der Kooperative. Bildquelle: Manager ohne Grenzen
Jan und Nora mit dem Vorstand der Kooperative. Bildquelle: Manager ohne Grenzen

Hat Ihre Unterstützung tatsächlich etwas bewirkt?

Zusammen mit Nora habe ich die Leute dazu motiviert und inspiriert, in diesem Bereich aktiver zu werden. Ein Beispiel: Einmal in der Woche moderiert ein Bauer ein Radioprogramm, in dem er von seiner alternativen Methode erzählt. Dazu wurden wir auch eingeladen und ich habe darum gebeten, uns nicht auf englisch, sondern in der lokalen Sprache zu interviewen mit Simultanübersetzung, da die Leute uns ja verstehen sollen und viele kein Englisch können. Die Sendung war ein Riesenerfolg und wurde mehrmals ausgestrahlt und viele Leute haben darauf reagiert. Dem Bauer haben wir so dabei geholfen, seine Begeisterung zu übermitteln.

Waren alle begeistert davon, dass Europäer ihnen erklärt haben, wie man es besser macht?

So ging es nicht. Wir haben gefragt und zugehört und dann darüber gesprochen, wie die Ziele die sie sich selbst gesteckt hatten, erreicht werden könnten. Es gab in der Kooperative – vor allem bei den Frauen – einen deutlichen Wunsch nach Veränderung. Häufig wurde auch gesagt, dass neues Wissen notwendig und gewollt war. Das fand ich richtig beeindruckend. Aber was eigentlich noch wichtiger war, ist, dass wir verschiedene Menschen kennenlernten, die auf irgendeine Art wichtig waren.

Zum Beispiel, dass der Bauer mit den Maisbohnen zu uns sagte: „Was habt ihr hier verloren? Ihr meint, ihr könnt hier in zwei Monate etwas verändern? Es geht doch nur um euch!“ Das war ziemlich hart. Aber am Ende der Führung über seine Felder habe ich ihm gesagt, wie toll ich es finde, was er auf die Beine gestellt hat und wie tief beeindruckt ich davon sei. Und ich fragte ihn: „Warum machen Sie das?“ Und dann guckte er mich an sagte: „Ich tue das für meine Kinder.“

Beim Abschied sagte er zu mir: „Du musst telefonieren mit George in Lusaka“. Ich habe ihn tatsächlich aufgesucht und es stellte sich heraus, dass George ein richtig guter Mann war. Ein Grieche mit einer sambischen Mutter und einem griechischen Vater. Ein Getreidehändler, der in der Näher der Lagerhallen der Bauernkooperative ein Grundstück gekauft hatte, um dort die Ernte aus der Region zu sammeln, um es von dort nach Lusaka zu transportieren. Und wir stellten fest, dass er die Bauernkooperative mit ihren tollen Lagerhallen nicht kannte. Also lud ich ihn zu einem Meeting mit den Leuten von der Kooperative ein. Und das hat dazu geführt, dass der Mann eine Partnerschaft mit der Kooperative angefangen hat, was deren Umsatz erhöht hat. Vernetzt denken, also „out of the box“ denken, das ist etwas, was sie dort nicht so gut können wie wir und das haben wir in der Praxis unterrichtet.

Was muss man für dieses Engagement mitbringen, damit es für beide Seiten gewinnbringend ist?

Man muss eine grundlegende Fitness haben. Es ist schon anstrengend, aber wenn man gesund ist, spricht nichts dagegen. Meine Erfahrung ist, dass die Menschen Respekt haben vor einer bestimmten Seniorität. Das mögen sie. Wir haben ganz positives Feedback bekommen. Es ist ein bisschen eine Gratwanderung, weil man ja die Gepflogenheiten und Traditionen respektieren will. Konflikte gab es, weil sie Nora und mich toll fanden, aber selbst manchmal nicht in die Hufe kamen. Es dauerte alles viel zu lange und wir haben das nicht akzeptiert. Manchmal bin ich auch sauer geworden darüber und habe sogar geschimpft. Im Nachhinein haben sie sich bedankt. Auch dafür, dass wir sie manchmal genervt haben.

Das Projekt "rauchfrei kochen" liegt Jan Boshuizen besonders am Herzen. Bildquelle: © Scott Umstattd / Unsplash.com
Das Projekt “rauchfrei kochen” liegt Jan Boshuizen besonders am Herzen. Bildquelle: © Scott Umstattd / Unsplash.com

Ich würde gerne auf Ihre Ausgangsmotivation zurückkommen. Was ist aus dem „rauchfrei Kochen“ Projekt geworden?

In Sambia bin ich auf den Markt gegangen und dort waren zwei junge Männer, die Eimer und Gießkannen aus Blech fertigten. Und ich habe sie gefragt, ob sie auch andere Sachen machen können. Ich hatte aus dem Internet (www.globalallianceforcleancookstoves.com) das Handbuch für einen Ofen heruntergeladen und auf meine Bitte hin haben sie für mich einen Prototyp gebaut. Dieses Projekt ist losgelöst von „Manager ohne Grenzen“, da dies länger dauern wird und bei „Manager ohne Grenzen“ die Projekte nach drei Monaten abschließen.

Der Prototyp war gut, aber es wurde mir klar, dass man es technisch besser machen muss. Aus Blech hergestellt, werden die Öfen nach einem halben Jahr zusammenbrechen. Es gibt viele Leute, die sich damit beschäftigen und ich musste das optimale Konzept finden. Durch Internetrecherche habe ich einen Amerikaner entdeckt, Paul Anderson, der weltweit berühmteste Mensch auf diesem Gebiet. Ich habe ihn besucht in Amerika und mit ihm über seine Projekte überall auf der Welt gesprochen. In Indien hat er schon 40.000 Stück des von ihm entwickelten Ofens (http://www.drtlud.com/posts/) verkauft. Und mit ihm und anderen Leuten arbeite ich jetzt zusammen, um diesen Ofen in Sambia auf den Markt zu bringen. Das wird klappen, aber es kostet noch ein bisschen Zeit.

Viel Erfolg und vielen Dank für das Gespräch!

 

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