Die saudi-arabische Pilgerstadt ist dieser Tage ein Ort der Trauer. Auf dem Höhepunkt des islamischen Kalenders, während des Opferfestes, sind hunderte muslimische Pilger bei einer Massenpanik umgekommen.
Mekka und Medina – das sind die Herzstücke des Islam. Es sind die Orte, an denen der Prophet Mohammed vor 1400 Jahren Religionsgeschichte schrieb. Von diesen beiden Wüstenorten ausgehend verbreitete sich die neue Religion des Islam in die Welt wie ein Lauffeuer. Hierher kommen jährlich muslimische Pilger aus aller Welt, um die Kaaba zu umrunden, das zentrale Heiligtum des Islams im Innenhof der heiligen Moschee.
Tausende Pilger versammeln sich jährlich in Mekka
Vor allem im heiligen islamischen Monat Dhū l-Hiddscha, dem Monat, in dem das muslimische Opferfest stattfindet, kommen viele Pilger hierher. Nur in diesem Zeitraum kann man die Pilgerfahrt Haddsch machen, die zu den heiligen Pflichten eines gläubigen Muslims zählt. Für gläubige Muslime ist dies die Reise ihres Lebens. Viele von ihnen haben hart gespart, um einmal im Leben den Haddsch, die größte aller Pilgerfahrten mitmachen zu können.
Nun sind über 700 der Haddschis bei dieser Pilgerfahrt ums Leben gekommen, mehr als 800 wurden verletzt. Ihren tragischen Ausgang nahm die Massenpanik wohl dadurch, dass zwei Pilgergruppen aufeinandertrafen, die nicht hätten zusammentreffen sollen.
Normalerweise werden während des Haddsch den Pilgergruppen jeweils bestimmte Zeiten zugewiesen, zu denen sie die vorgegeben Wege beschreiten und ihre Rituale ausführen. Und dieser Rhythmus ist an diesem Donnerstag aus ungeklärten Gründen aus den Fugen geraten. Am Ort der Teufelssteinigung, wo Pilger einen symbolischen Teufel mit Steinen bewerfen, trafen zwei Pilgergruppen in entgegengesetzter Richtung aufeinander, aus einem Stolpern wurde ein Sturz, aus einem Sturz wurden mehrere, Füße trampelten über Körper, Angst breitete sich aus. Menschen starben.
Dass sich diese Szenen hier abspielten, mag zum einen mit dem übermäßigen Andrang zum Anlass des Opferfestes gelegen haben. Es mag, wie das saudische Königshaus verlauten lässt, an der mangelnden Disziplin der Pilger gelegen haben. Sie ließen Vorschriften außer Acht und hielten sich nicht an die von den Organisatoren vorgegeben Uhrzeiten. Einige unter den Pilgern machen die saudische Herrschaftsriege verantwortlich. Sie lasten ihnen an, Pilger aufgehalten zu haben, um selbst ungestört die Pilgerstätte zu besuchen. Dadurch sei alles aus dem Ruder gelaufen.
Saudische Regierung für Massenpanik verantwortlich?
Kritik an den saudischen Herrschern kommt auch von einem großen politischen Gegenspieler: Der Iran, ewiger Opponent Saudi-Arabiens und Konkurrent um die regionale Machtverteilung, wirft den saudischen Behörden mangelhaftes Management vor. Man habe zwei Fußwege in der Nähe des Unglücksortes gesperrt, ohne Angabe von Gründen, und das obwohl während des Opferfestes bekanntlich der Pilger-Andrang extrem stark ist. So seien Sicherheitsvorkehren aufs äußerste vernachlässigt worden.
Worauf dieses letzte Argument hinausläuft, scheint klar: Der saudische König hat seinen Führungsanspruch in der islamischen Welt verwirkt. Sein Status gründet sich nämlich auf der Pflicht, als „Hüter der heiligen Stätten“ den reibungslosen Ablauf der alljährlichen Pilgerfahrt zu garantieren. König Salman weist seine Verantwortung für das Unglück zurück. Der Chef des saudischen Haddsch-Komitees bestätigte, dass afrikanische Pilger das Gedränge verursacht hätten, und damit ist die Sache für die Saudis geklärt. Die Herrscher über den Grund und Boden, auf dem sich die heiligsten Stätten der islamischen Religion erheben, sind sich keiner Schuld bewusst.
Schiebt man die Schuldfrage beiseite, bleibt nur noch Trauer übrig. Trauer darüber, dass nun zum zweiten Mal am heiligen Pilgerort Mekka ein menschliches Unglück unfassbarer Tragweite passiert. Das erste ereignete sich vor 25 Jahren, als 1400 Menschen in den heiligen Stätten ihr Leben ließen. Auslöser war ebenfalls eine Massenpanik.
Die Reise ihres Lebens wurde zu einer Reise in den Tod.
Wir fühlen mit den Opfern und ihren Angehörigen.