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Im ersten Teil der neuen „Mutmach-Reihe“ von 59plus habe ich Ihnen von meiner Mutter erzählt. Als wir bemerkten, dass sie an Demenz erkrankt war, lebte sie mit meinem Vater in der gemeinsamen Wohnung. Nach über 50 Jahren Ehe wollte er seine Frau nicht im Stich lassen und sie gut betreuen, obwohl er selbst chronisch krank war. Sein Wunsch und die Realität stimmten nicht immer überein. Im Laufe der Zeit unterstützten meine Schwester und ich unsere Eltern deshalb immer regelmäßiger und intensiver.

Holen Sie sich Unterstützung z. B. durch die Alltagsbegleitung und schaffen Sie sich somit Räume und Auszeiten für eigene Belange. Bildquelle: © Getty Images / Unsplash.com
Holen Sie sich Unterstützung z. B. durch die Alltagsbegleitung und schaffen Sie sich somit Räume und Auszeiten für eigene Belange. Bildquelle: © Getty Images / Unsplash.com

Da wir beide voll berufstätig waren, beantragten wir für meine Mutter einen Pflegegrad und holten uns externe Unterstützung. Es ging mit einer ehrenamtlichen Betreuerin der Demenzhilfe los, die durch den Entlastungsbetrag eine kleine Aufwandsentschädigung bekam. Von dem Entlastungsbetrag von 131 Euro pro Monat profitieren Menschen mit Pflegegrad, die zu Hause gepflegt werden. Durch die ehrenamtliche Betreuerin konnte mein Vater, sorgenfrei zum Arzt oder zur Fußpflege gehen. Als Nächstes organisierten wir einen ambulanten Pflegedienst. Die Pflegerinnen halfen meiner Mutter, zu duschen und die Haare zu waschen. Von einem weiteren Pflegedienst kam auf unsere Initiative eine Haushaltshilfe. Schließlich war mein Vater sogar bereit, Essen auf Rädern zu bestellen. Trotz Demenz konnte meine Mutter noch längere Zeit mit meinem Vater in ihrer Wohnung bleiben.

Plötzlich ging alles sehr schnell

Als sich der Gesundheitszustand meines Vaters nach einer Operation verschlechterte, erkannten wir, dass sich noch mehr ändern muss. Deshalb vereinbarte ich bei der Tagespflege einen Kennenlerntermin und wollte mit meiner Mutter daran teilnehmen. Doch auf einmal überschlugen sich die Ereignisse. Mein Vater musste über Nacht für längere Zeit und mit zunächst ungewissem Ausgang ins Krankenhaus. Meine Schwester und ich wollten unsere Mutter auf keinen Fall in das erstbeste Pflegeheim geben, sondern bewusst entscheiden. Deshalb beschlossen wir, dass sie im Wechsel bei uns wohnen würde. Während wir sie zu Hause betreuten, erkundigten wir uns nach Heimen in der Gegend. Wir recherchierten im Internet und fragten Freunde und Bekannte nach ihren Erfahrungen.

Das richtige Heim finden

Das passende Heim für meine Mutter auszuwählen, war emotional nicht einfach. Wir erkannten zwar, dass ein Platz im Pflegeheim alternativlos war, aber das Loslassen fiel uns schwer. Die Wochen, in denen meine Mutter bei mir lebte, hatten mir aber eines klargemacht. Auf Dauer hätte ich nicht die Kraft gehabt, sie rund um die Uhr angemessen zu betreuen. Doch das ist nur ein Aspekt. Menschen mit Demenz sind ungern allein und freuen sich über Gesellschaft. Ich habe mir in der Zeit einiges einfallen lassen. Wir sind jeden Tag spazieren gegangen, haben zusammen gesungen und zu ABBA getanzt oder gemeinsam Gymnastik gemacht. Im Vergleich zu den vielfältigen Aktivitäten im Heim mit einer Gruppe von Menschen war mein Angebot überschaubar und auf längere Sicht etwas einseitig.

Pflegeheim oder Demenz-WG?

Mein Vater sprach noch im Krankenhaus den Wunsch aus, mit meiner Mutter in ein Pflegeheim zu ziehen. Leider war auch er durch die zusätzliche schwere Erkrankung pflegebedürftig geworden. Andernfalls hätten wir eine Demenz-WG in Betracht gezogen. Eine solche WG hatte ich mir im Laufe der Suche angeschaut. Der Betreuungsschlüssel bei einer Demenz-WG ist besser als in den meisten Pflegeheimen. Gleichzeitig müssen sich die Angehörigen aber um mehr Dinge kümmern. Zudem ist die Finanzierung etwas intransparenter und die Kosten steigen, wenn die Pflegebedürftigkeit stärker wird.

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Im Pflegeheim bleibt der Eigenanteil gleich, auch wenn die Bewohnerin einen höheren Pflegegrad bekommt. Theoretisch sinkt der Eigenanteil sogar, weil die Bewohner von Pflegeheimen Anspruch auf einen anteiligen Leistungszuschlag haben. Dieser beträgt zwischen 15 und 75 Prozent auf die pflegebedingten Kosten, abhängig davon, wie lange ein Bewohner bereits im Pflegeheim lebt. Damit können zumindest die steigenden Kosten des Pflegeheims weitgehend aufgefangen werden.

Ein schönes Heim mit Eichhörnchen

Nach einiger Recherche hatte ich ein schönes Heim in der Nähe gefunden. Als ich dort anrief, lud mich die Leiterin sofort ein, mir alles vor Ort anzuschauen. Das habe ich als vertrauensvolles Zeichen erlebt und war froh, mir ein Bild machen zu können. Das Haus war schön eingerichtet, es wirkte sauber und die Menschen – im Rahmen ihrer Krankheiten – zufrieden. Auch das Außengelände gefiel mir gut. Um das Haus herum konnten die Bewohner im Grünen laufen und sich auf eine der zahlreichen Bänke setzen. Manchmal geben kleine Dinge den Ausschlag und es schadet nicht, auf das eigene Bauchgefühl zu hören. So bemerkte ich Bilder von Eichhörnchen in einem der Gänge, woraufhin mir die Heimleiterin sagte, dass die possierlichen Tiere im Garten unterwegs sind. Meine Mutter mochte Eichhörnchen immer sehr gerne und hat ihnen zu Hause Nüsse auf den Balkon gelegt. Als sie dort einzog, bastelte eine Mitarbeiterin von den sozialen Diensten ein „Namensschild“ für das Zimmer meiner Mutter. Der besseren Orientierung wegen stand darauf in großen Buchstaben ihr Vorname und im Hintergrund war ein Eichhörnchen zu sehen.

Der Einzug ins Pflegeheim

Nachdem wir meine Eltern im Pflegeheim angemeldet hatten, mussten wir für den Umzug noch einige Vorbereitungen treffen. Neben der Fülle an Papierkram begleiteten wir meine Mutter zum Arzt, weil das Heim eine ärztliche Untersuchung sowie eine Medikamentenliste verlangte. Das Heim war im medizinischen Bereich gut aufgestellt. Jede Woche kam ein Hausarzt vorbei und alle paar Wochen auch der Zahnarzt, eine Neurologin und ein HNO. Mit der Apotheke im Stadtteil konnte ich eine Vereinbarung treffen, dass diese meine Mutter mit den nötigen Medikamenten versorgt. In regelmäßigen Abständen bekam ich dafür eine Sammelrechnung.

Ich muss ehrlich zugeben, dass ich eine Weile brauchte, um volles Vertrauen in das Heim und seine Mitarbeiter aufzubauen. Das lag (glücklicherweise) nicht daran, dass dort etwas Schlimmes passierte. Trotzdem war ich von Anfang an bemüht, einen guten Kontakt zu den Beschäftigten zu pflegen. Mir war es wichtig, als Angehörige zu unterstützen und nicht mit überhöhten Forderungen dem Personal auf die Nerven zu gehen.

Versuchen Sie als Angehörige direkt einen guten Kontakt zu der Leitung und aber auch zu den Pfleger:innen aufzubauen, damit sie diese sinnvoll unterstützen können und diese sich gesehen und wertgeschätzt fühlen. Bildquelle: © Getty Images / Unsplash.com
Versuchen Sie als Angehörige direkt einen guten Kontakt zu der Leitung und aber auch zu den Pfleger:innen aufzubauen, damit sie diese sinnvoll unterstützen können und diese sich gesehen und wertgeschätzt fühlen. Bildquelle: © Getty Images / Unsplash.com

Wer sind die Ansprechpartner im Pflegeheim?

In einem Pflegeheim gibt es üblicherweise drei Gruppen von Mitarbeitenden. Zunächst natürlich die Pflegekräfte, die für die Körperpflege sorgen, Medikamente geben und die Bewohner durch den Tag begleiten. Sie werden ergänzt durch das Team der „sozialen Dienste“. Das sind die „Feel-Good-Manager“ des Heims. Sie bieten Bastelnachmittage oder ein gemeinsames Singen an. Auch sorgen sie dafür, dass die Bewohner bei gutem Wetter nach draußen kommen. Zu Ihren Aufgaben zählt auch, die Menschen emotional zu unterstützen. Sie helfen neuen Bewohnern dabei, sich im Heim einzuleben. Zur dritten Gruppe zählen häufig die hauswirtschaftlichen Kräfte, die die Mahlzeiten zubereiten. Je nach Größe des Heims gibt es auch Mitarbeiter am Empfang sowie einen Hausmeister.

Gute Pflegeheime legen Wert auf die biografische Arbeit. Sie versuchen, möglichst viel über die Bewohner und ihr bisheriges Leben zu erfahren. Im Pflegeheim meiner Eltern durfte ich diesen Prozess begleiten. So konnte ich fehlende Puzzlestücke ergänzen, die meine Mutter nicht mehr erzählen konnte. Mir war es wichtig, dass die Mitarbeiter im Heim viel über ihren Charakter und ihre Vorlieben erfahren. Wann immer ich die Gelegenheit hatte, erzählte ich den Pflegerinnen und Pflegern, dass meine Mutter lange Zeit im Chor gesungen hat. Ich zeigte Fotos aus früheren Zeiten und erzählte, was meine Mutter beruflich gemacht hat und welche Hobbys sie hatte. Die meisten Pflegekräfte waren interessiert und freuten sich darüber.

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