Miteinander reden gegen die Einsamkeit

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Über Einsamkeit zu sprechen, ist ein Tabu. Dabei betrifft es viele Menschen, weshalb sich die 73-jährige Netzwerkerin Elke Schilling seit mehr als vier Jahren dafür engagiert, ein Hilfetelefon für einsame Menschen auf die Beine zu stellen. Ihr Projekt Silbernetz  soll im August als Pilotprojekt in Berlin starten. 

Frau Schilling, warum trifft Einsamkeit vor allem ältere Menschen? 

Unsere Zielgruppe sind Menschen ab 60 Jahre, kurz vor bzw. ab Rentenbeginn. Das ist eine Lebenswechselphase, wo man aus der Fremdbestimmung durch Erwerbstätigkeit in die Selbstbestimmung durch Rente kommt, was vielen Menschen Probleme bereitet, wenn sie nicht gut vernetzt sind und sich nicht darauf vorbereitet haben. Für viele ist das der krasseste Wechsel, den man sich vorstellen kann.

Warum ist das so? Man sollte doch meinen, die Menschen sind froh, wenn sie endlich selbst über ihre Zeit verfügen können.

Im besten Lebensalter sind viele Menschen nicht fähig, Netzwerke zu knüpfen und soziale Beziehungen zu pflegen, weil sie mit dem Beruf und der Familie beschäftigt sind. Wie dann damit umgehen, plötzlich nur freie Zeit zu haben? Und wer möchte schon alt sein und dann auch einsam? Das führt zu Ignoranz und Verleugnung.

Ein bundesweites, an 365 Tagen im Jahr erreichbares Hilfetelefon - dafür kämpft Elke Schilling mit ihrer Initiative Silbernetz e. V.. Bildquelle: shutterstock.com
Ein bundesweites, an 365 Tagen im Jahr erreichbares Hilfetelefon – dafür kämpft Elke Schilling mit ihrer Initiative Silbernetz e. V.. Bildquelle: shutterstock.com

Im Dezember 2017 haben sie das Hilfetelefon acht Tage lang getestet. Wie war die Resonanz?

Wir hatten diesen Test ausschließlich über die Medien publik gemacht, was dazu führte, dass wir täglich gut zehn Anrufe hatten. Der Bedarf ist da, aber selbst unsere Anrufer haben nicht gesagt, sie seien einsam, sondern: „In den letzten drei Tagen habe ich mit keiner Menschenseele gesprochen. Schön, dass Sie da sind.“ Die allerwenigsten sagen von sich, dass sie einsam sind.

Gibt es verlässliche Zahlen über Einsamkeit?

Valide Zahlen haben wir nur aus England. Wie es speziell mit der Situation der Leute ab 85 Jahre aussieht, haben wir in Deutschland kaum Daten, aber Experten gehen davon aus, dass die Einsamkeit mit steigendem Alter rapide ansteigt.

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Welche Gründe spielen neben dem Tod von Angehörigen und Freunden noch eine Rolle?

Es gibt ältere Menschen, die ihre Wohnung nicht mehr verlassen können. Angst und Unsicherheit nehmen im Alter zu. Man ist unsicher auf den Beinen, hat Angst umgerannt oder beklaut zu werden. Auch die Wohnungstürkriminalität ist ein Grund, warum Menschen die Wohnungstür nicht mehr gerne aufmachen. Dafür gibt es in Berlin die ehrenamtlichen Besuchsdienste in jedem Bezirk, die versuchen den Kontakt zu halten.

"Um das Silbernetz kommen wir nicht mehr drum herum" - Elke Schilling (l.) hat die initiative gegen Einsamkeit ins Leben gerufen. Bildquelle: Arik Platzek
“Um das Silbernetz kommen wir nicht mehr drum herum” – Elke Schilling (l.) hat die initiative gegen Einsamkeit ins Leben gerufen. Bildquelle: Arik Platzek

Wer arbeitet für das Hilfetelefon von Silbernetz?

Vor einem halben Jahr sind wir auf die Idee gekommen, dass wir mit dem Hilfetelefon einen doppelten sozialen Zweck erfüllen können, indem wir mit blinden oder mobilitätseingeschränkten Menschen und Arbeitslosen zusammenarbeiten, die sensibel und im Kopf wach genug sind, um zu telefonieren. Und wir haben eine Liste mit 190 Menschen, die gern als Ehrenamtliche die Ausbildung zum Silbernetz-Freund machen möchten. Personell sind wir gut aufgestellt.

Wann ist die bundesweite Einrichtung des Hilfetelefons geplant?

Ich habe Anfragen aus acht Bundesländern, die um Unterstützung bei der Einrichtung eines Hilfetelefons nachgefragt haben. Das kann ich hier mit unserem bescheiden ausgestatteten Büro in Berlin nicht leisten. Aber ich will meine politischen Kontakte mit dem Ziel nutzen, dass im Bundeshaushalt 2019 Mittel eingestellt werden für eine Geschäftsstelle Silbernetz Deutschland. Eine Mitarbeiterin des Senats hat es neulich so formuliert: „Um das Silbernetz kommen wir nicht mehr drum herum“.

Vielen Dank für das Gespräch.

Anmerkung der Redaktion: Aktuell gibt es noch keine von der Regierung zugesicherte Unterstützung für den Verein. Daher ist Silbernetz e. V. zu 100% von Spenden abhängig. Wir würden uns freuen, wenn Sie diese Initaitive im Rahmen Ihrer Möglichkeiten mit unterstützen – klicken Sie dazu einfach hier! Im Namen von Silbernetz e. V. bedanken wir uns ganz herzlich bei Ihnen!

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