Der Begriff Negativzinsen begegnet uns mittlerweile fast täglich. Doch was ist damit eigentlich gemeint, und wie betrifft es uns? Wir gehen für Sie der Frage nach.
Zunächst gilt es, negative Realzinsen von negativen Nominalzinsen zu unterscheiden. Negative Realzinsen entstehen, wenn die Geldentwertung, also die Inflation, höher ist als der Zinsertrag. Bekommen Sie 1 Prozent Zinsen auf Ihr Sparbuch und die Inflation beträgt 2 Prozent, verliert Ihr Geldvermögen an Wert. Zurzeit ist die Inflationsrate moderat, auch wenn sie wieder leicht ansteigt. Diskutiert werden allerdings negative Nominalzinsen. In dieser Situation trägt der Sparer nicht nur sein Geld zur Bank, sondern bringt gleich noch etwas für die Zinsen mit. Er zahlt also eine Guthabengebühr. Diese wird umgangssprachlich Strafzins genannt.
Rolle der Europäischen Zentralbank
Woher kommt diese scheinbar verkehrte Welt? Der Zins ist der Preis für Geld. Wie bei Waren und Dienstleistungen bestimmt sich dieser Preis durch Angebot und Nachfrage. Mit niedrigen Leitzinsen und dem Ankauf von Anleihen überschwemmt die Europäische Zentralbank den Markt mit Geld. Diese Strategie hat zum Ziel, mit günstigen Krediten für Unternehmen die Wirtschaft anzukurbeln. Insbesondere große Banken sind nicht mehr auf die Einlagen der kleinen Sparer angewiesen.
Die fetten Jahre sind vorbei
Bis vor ein paar Jahren war für deutsche Sparer die Welt noch in Ordnung. Wer sein Geld eine Weile entbehren konnte, bekam beim Zuwachssparen oder für Tagesgeld attraktive Zinsen. Seit der Finanzkrise sind die rosigen Zeiten vorüber. Sogar Bausparkassen können auf legalem Wege ihre Kunden loswerden, die fleißig von den hohen Habenzinsen ihrer zuteilungsreifen Bausparverträge profitierten.
Große Unternehmen und Fonds müssen bei manchen Banken bereits für das hinterlegte Geld Strafzinsen bezahlen. Bislang leiden private Sparer zwar unter sehr geringen Zinsen, aber sie sind meist nicht von Negativzinsen betroffen. Einige wenige Institute haben allerdings Strafzinsen angekündigt oder gar eingefordert. Dies gilt jedoch nur für Kunden, die sechsstellige Beträge auf ihren Konten haben. Um wegbrechende Erträge auszugleichen, verlangen viele Banken erstmalig Gebühren oder erhöhen diese.
Die Commerzbank sprach davon, Tresore zu bauen und ihr Geld zu lagern, statt für das Deponieren bei der Europäischen Zentralbank negative Zinsen zu entrichten. Falls Sie spontan denken, das könnten Sie doch auch so handhaben, raten wir davon ab. Erinnern Sie sich noch an Dagobert Duck und seinen Geldspeicher? Das ist meist nicht gut ausgegangen, und Panzerknacker gibt es heute mehr denn je.
Alternativen mit höheren Erträgen?
Längerfristig stellt sich die Frage, ob Sparbücher und Tagesgeldeinlagen das Mittel der Wahl sind. Traditionell stehen die Deutschen dem Kauf von Aktien und Anleihen reserviert gegenüber. Negative Erfahrungen schlecht beratener Anleger, die vor der Finanzkrise Zertifikate und weitere schwer verständliche Finanzprodukte kauften, steigern die Motivation nicht. Dennoch sollten Sie sich anschauen, welche Produkte Ihre Bank zu bieten hat. Als Faustregel gilt: Investieren Sie nicht in Produkte, die Sie nicht verstehen. Möglicherweise haben Sie keinen kompetenten Bankberater, der es anschaulich erläutert, oder das Produkt passt nicht zu Ihren Anlagepräferenzen.
Das Leid des Sparers ist die Freude des Schuldners
Erwerben Sie eine Immobilie oder bauen Ihr Haus altersgerecht um, profitieren Sie derzeit von den historisch niedrigen Zinsen und können zu günstigen Konditionen Geld aufnehmen. Das leicht verfügbare Geld sollte Sie trotzdem nicht dazu verleiten, sich zu stark zu verschulden. Eine Finanzierung von 100 Prozent der Gesamtkosten ist ausgesprochen riskant.