Radfahren an der Elbe macht Spaß. Große Anstiege gibt es nicht. Und wer die Tour flussaufwärts plant, wird sich oft über Rückenwind freuen dürfen. Entlang des 1.260 Kilometer langen Elberadweges gibt es so viel zu entdecken, dass ein Urlaub bei weitem nicht ausreicht. Besonders einladend: Der beliebteste deutsche Radwanderweg bietet eine hervorragende Infrastruktur. Links und rechts des Ufers gibt es zahlreiche Übernachtungsmöglichkeiten mit Fahrradgaragen und ähnlichen Annehmlichkeiten für Radfahrer.
Wir haben uns einem 55 Kilometer langen Teilabschnitt des Elberadweges gewidmet: der Altmark zwischen Havelberg und Tangermünde. Der nördliche Zipfel Sachsen-Anhalts beschert dem Besucher kulturellen Reichtum ungeahnten Ausmaßes und wunderschöne Naturräume entlang des Flusses.
Mittelelbe nennt sich dieser Bereich des UNESCO-Biosphärenreservats „Flusslandschaft Elbe“, in dem eine einzigartige Flora und Fauna beheimatet ist. Hier darf beispielsweise der Bieber stellenweise ungehindert seiner Lieblingsbeschäftigung nachgehen: dem Dämme Bauen. Die zahlreichen Störche, die in der Altmark leben, lassen sich beim Futtersammeln in den Feuchtwiesen von Beobachtern nicht stören.
Drei Hansestädte laden zur Kultur-Tour ein
Auf altmärkischem Boden liegen nicht weniger als acht alte Hansestädte. Drei davon tangiert der Elberadweg, der in diesem Bereich beidseitig der Elbe verläuft. Verbindungen zwischen den beiden Ufern schaffen hier Gierseilfähren. Eine Überfahrt mit diesen strömungsbetriebenen Fähren ist ein besonderes Erlebnis. Wir haben die unvergleichliche Ruhe während der Überfahrt und das Plätschern des Wassers sehr genossen.
Havelberg: Mekka für Radtouristen
Freunden mittelalterlicher Anlagen wird in Havelberg das Herz aufgehen: Der Havelberger Dom, im Jahr 1170 geweiht, ist eines der bedeutendsten Bauwerke an der sachsen-anhaltinischen Straße der Romanik und an der Route der Backsteingotik. Zum Domkomplex gehört auch ein Prämonstratenser-Kloster. Dieser Orden ließ seinerzeit den Dom erbauen. Der Dombezirk, zu dem auch ein bemerkenswerter Klostergarten zählt, gilt als eine der wenigen vollständig erhaltenen mittelalterlichen Klosteranlagen Norddeutschlands. Der Domberg bietet außerdem einen wunderschönen Blick über die Stadt und den Fluss.
Von der Zeit, in der Havelberg der Hanse angehörte und der Handel blühte, zeugt der Salzmarkt mit dem Beginenhaus und der 1390 erbauten Heiliggeistkapelle. Der Salzmarkt ist Teil der malerischen Altstadt, die auf einer Insel mitten in der Havel nahe der Mündung in die Elbe liegt.
In den vergangenen Jahren hat sich Havelberg zu einem Mekka für Natur-, Kultur- und Radtouristen entwickelt. Hier treffen sechs Radwege aufeinander. Apropos Natur: Ein Muss für Besucher Havelbergs ist das „Haus der Flüsse“. Das Natura-2000-Informationszentrum befasst sich anschaulich mit den Themen Wasser und Natur im Elb-Havel-Winkel.
Tipp: Jedes Jahr wird Havelberg am ersten Wochenende im September zum Anziehungspunkt für Pferdehändler, Schausteller und viele Tausend Besucher. Dann findet der berühmte Havelberger Pferdemarkt statt.
Werben: Kleinod an der Elbe
Über die Gierseilfähre Räbel erreichen Sie von Havelberg aus in kürzester Zeit die wohl kleinste Hansestadt der Welt: Werben an der Elbe hat etwa 800 Einwohner. In der nördlichsten Stadt Sachsen-Anhalts scheint es, als sei die Zeit stehengeblieben. Markgraf Albrecht der Bär hat hier im Jahr 1160 die erste Niederlassung der Johanniter in Nordostdeutschland gegründet. Die Lamberti-Kirche auf dem Gelände der Johanniter-Komturei ist der älteste erhaltene Bau des Ordens in Deutschland. Die alte Komturei soll nun restauriert werden.
Werben war von 1358 bis 1488 Mitglied der Hanse. Aus dieser Zeit – der Blütezeit der Stadt – stammt auch das Elbtor, in dem heute eine Heimatstube untergebracht ist. Als die schönste Straße der Stadt gilt die Seehäuser Straße. Hier wohnten einst die Betuchten der Stadt.
Tipp: Weil die Altstadt Werbens hauptsächlich aus der Biedermeierzeit stammt, schlüpfen Bewohner und Geschäftsleute zweimal jährlich in biedermeierliche Kostüme: zum Biedermeier-Christmarkt und zum sommerlichen Biedermeier-Markt.
Mittelalterliche Kaiserstadt Tangermünde
Von Werben aus geht es 39 Kilometer elbaufwärts – das Wort täuscht, denn Steigungen sind hier nicht zu erklimmen – nach Tangermünde. In der mittelalterlichen Kaiserstadt erinnern viele Gebäude an die Zeit, als Tangermünde zum mächtigen Städtebund der Hanse gehörte.
Als wir uns innerhalb der imposanten Stadtmauern, die während der Hansezeit entstanden, umschauen, kommen wir aus dem Staunen nicht mehr heraus: das gotische Rathaus, die prächtigen Stadttürme, die im Stil der norddeutschen Backsteingotik errichtet sind, die gotische Hallenkirche St. Stephan und die kleinen Fachwerkhäuser mit den bunten Inschriften ziehen uns in ihren Bann.
Auf einer Anhöhe über der Elbe liegt die Burg, die im Dreißigjährigen Krieg von den Schweden zerstört wurde. Trotzdem sind noch Gebäude aus dem 14. Jahrhundert erhalten. Von hier aus schweift der Blick über den Strom und über die Sumpflandschaft am östlichen Elbufer.
Die Zecherei Sankt Nikolai lädt dazu ein, den Tag mit allen Annehmlichkeiten, die das Mittelalter zu bieten hatte, ausklingen zu lassen. Das Gasthaus ist in einer ehemaligen Kirche aus der damaligen Zeit untergebracht. Sogar Beichtstuhl und Kanzel sind noch vorhanden. Auch übernachten können Sie in Tangermünde stilecht mittelalterlich: Die Exempel Schlafstuben vor dem mächtigen Portal von St. Stephan bieten historische Themenzimmer. Und nebenan in den Exempel Gaststuben kann man im urigen Ambiente speisen.
Tipp: Jedes Jahr im Mai lässt der Historic Mobil Tangermünde e.V. mit einem Vintage-Radrennen die alten Zeiten wieder lebendig werden. Teilnehmen dürfen Fahrradfahrer, deren Drahtesel mindestens 30 Jahre alt ist. Authentische Kleidung ist ein Muss.
Was an der Elbe noch zu sehen ist
Zwischen Havelberg und Tangermünde lohnen sich einige Pausen, beispielsweise im Fischerstädtchen Arneburg. Auch hier lädt ein historischer Stadtkern zum Verweilen ein. Mit der Gierseilfähre erreichen Sie von Arneburg aus das Ostufer der Elbe. Nun ist es nicht mehr weit bis Hohengöhren.
Kulinarischer Geheimtipp: In der Gaststätte „Stadt Braunschweig“ in Hohengöhren bereitet Küchenchef Marcus Wagener mit viel Herzblut und Knowhow die altmärkische Spezialität Rinderschmorbäckchen zu. Unbedingt probieren!
Dann geht es weiter nach Schönhausen, dem Geburtsort von Otto von Bismarck. Hier gibt es neben einem Museum, das beispielsweise eine persönliche Sammlung des ersten Reichskanzlers zeigt und viel Wissen vermittelt, auch eine sehenswerte romanische Kirche.
Auf der Westseite der Elbe laden Schloss Storkau und die Dorfkirche von Hämerten zu einem Besuch ein. Die Kirche ist eine von sieben „verkehrten Kirchen“ in der Altmark. Der Kirchturm steht hier nicht wie üblich im Westen, sondern im Osten über dem Altar.
Planungshilfe für die Radtour an der Elbe
Besonders in den Ferienzeiten und an Wochenenden sind viele Radler an der Elbe unterwegs. Es wird deshalb empfohlen, radfreundliche Unterkünfte im Voraus zu buchen. Ausführliche Informationen zum Routenverlauf, zu Sehenswürdigkeiten und Unterkünften finden Sie auf der Webseite des Elberadwegs. Auf dieser Webseite können Sie auch eine ausführliche Broschüre als Tour-Begleiter bestellen oder herunterladen.