Wer nach Polen reist, wird unweigerlich mit der Vergangenheit und insbesondere mit deutscher Geschichte konfrontiert. Die Spuren, die der Deutsche Orden sowie Bauherren und Ingenieure aus unserem Land im Norden Polens hinterlassen haben, sind bis heute erhalten. Für Elbląg, in der Nähe des Frischen Haff in der Woiwodschaft Ermland-Masuren gelegen, gilt dies auf besondere Weise. Aber auch das Ausmaß der Zerstörung am Ende des 2. Weltkriegs ist im früheren Elbing noch allgegenwärtig.
Rasante Stadtentwicklung im Mittelalter
Kaufleute und Handwerker aus Lübeck gründeten die Stadt im Jahr 1237 nahe einer Festung des Deutschen Ordens. Unter dem Schutz der Kreuzritter legten die Siedler ein rasterförmiges Straßennetz an. Das Zentrum des Ortes bildete der spätere „Alte Markt“, der an einer bedeutenden Handelsstraße gelegen war.
Im gleichen Jahr wurde auch die St.-Nikolai-Kirche errichtet, in kurzem Abstand folgten die Liebfrauenkirche und ein Dominikanerkloster. Neue Bürger kamen meist aus Lübeck an den Drausensee und schon neun Jahre nach der Gründung wurde Elbing Stadt nach lübischem Recht.
Um 1300 baute der Deutsche Orden eine Stadtbefestigung mit 14 Wehrtürmen. Zu dieser Zeit hatte sich Elbing bereits zu einer der führenden Hansestädte im östlichen Mitteleuropa entwickelt. Schon bald nach der Errichtung der Stadtbefestigung wurde aus Platzgründen vor den Toren Elbings eine Neustadt angelegt.
Es folgten wechselhafte Zeiten für Elbings Bewohner. Die Bürger wurden von Seeräubern bedroht, die Stadt von den unterschiedlichsten Mächten belagert, erobert und besetzt und von der Pest heimgesucht. Elbing gehörte zu Westpreußen und in den Jahren von 1920 bis 1939 zu Ostpreußen.
Ausflug nach Malbork
Während von der Ordensburg Elbing des Deutschen Ordens nur noch geringe Reste geblieben sind, ist die Pracht und Macht der Ordensburgen an anderer Stelle bis heute zu sehen. 30 Kilometer westlich von Elbląg steht in Malbork die Marienburg (Zamek w Malborku) des Deutschen Ordens. Auch diese Burg am Fluss Nogat entstand im 13. Jahrhundert. Sie war bis 1454 Sitz der Hochmeister des Ordens und gilt als der größte Backsteinbau Europas. Das UNESCO-Weltkulturerbe kann an allen schneefreien Tagen besichtigt werden.
Zerstörung und Wiederaufbau der Stadt
Im Januar 1945 belagerte die Rote Armee die strategisch wichtige Stadt, in der zudem Rüstungsgüter wie Flugzeuge produziert wurden. Nach 18-tägigem Widerstand lagen etwa 60 Prozent von Elbing in Trümmern. In der Altstadt blieben nur sechs Gebäude stehen. Viele Zivilisten ertranken bei der Flucht im Frischen Haff.
In den ersten Jahren nach dem Ende des 2. Weltkrieges wurden nicht nur alle brauchbaren Gegenstände in die Sowjetunion abtransportiert, sondern auch die verbliebene deutsche Bevölkerung vertrieben. In den Jahren 1970 und 1980 beteiligten sich viele Bürger Elblągs am Aufstand gegen die kommunistische Regierung Polens und am Aufbau der freien Gewerkschaft Solidarność.
Seit den 1980er-Jahren wurde die Altstadt von Elbląg wiederaufgebaut. Retroversion ist ein Schlüsselwort für den Wiederaufbau: Neue Wohn- und Geschäftshäuser entstanden auf den Fundamenten der historischen Häuser. Da sich das Aussehen der Neubauten an den alten Häusern orientiert, kann man einen guten Eindruck von der ehemaligen Pracht der Stadt gewinnen. Doch noch heute klaffen stellenweise große Baulücken im Stadtbild.
Sehenswürdigkeiten in Elbląg
Unbedingt empfehlenswert ist ein Stadtrundgang. Die Touristeninformation im Rathaus (Stary Rynek 25) bietet Flyer in deutscher Sprache an, in denen die wichtigsten Sehenswürdigkeiten zusammengestellt sind. Im Flur vor der Touristeninformation erlaubt ein beeindruckendes Modell eine Übersicht über die alte Stadt mit den sternförmigen äußeren Befestigungsanlagen.
Folgende Punkte dürfen bei einem Stadtrundgang unserer Ansicht nach nicht fehlen:
- Dom St. Nikolai mit Aussichtsplattform auf dem Glockenturm (zwischen den Straßen Rybacka und Mostowa)
- Kirchenweg aus dem 13. Jahrhundert
- Archäologisch-historisches Museum (Gimnazjalna Straße)
- Kunstgalerie EL in der Dominikanerkirche aus dem 13. Jahrhundert (Kusnierska Straße)
- Markt-Tor am Ende des historischen Alten Marktes (Stary Rynek)
Empfehlenswerte Ausflüge in die Umgebung
Schifffahrt auf dem Kanal Elbląski: Unser Grund, nach Elbląg zu fahren, war der ehemalige Oberlandkanal, der heute Kanal Elbląski heißt. Auf der Internationalen Tourismusbörse in Berlin hatte ich erstmals von diesem Kanal gehört. Im 19. Jahrhundert entstand die Idee, einen Kanal zu schaffen, der die masurischen Seen mit der Ostsee verbindet. Die größte Herausforderung beim Kanalbau stellte der elf Kilometer lange Abschnitt zwischen dem Druzno- und dem Pniewo-See dar. Hier beträgt der Höhenunterschied 99 Meter.
Der mit der Planung beauftragte Ingenieur Georg Jacob Steenke ließ sich auf Auslandsreisen inspirieren und konstruierte schließlich eine bahnbrechende Lösung: Er ließ zwischen den einzelnen Kanalabschnitten fünf geneigte Ebenen mit Eisenbahnschienen anlegen. Die Schiffe fahren seitdem auf Transportwagen und werden mit Stahlseilen aus dem Wasser und den Berg hochgezogen. Das System wird ausschließlich von Wasserkraft angetrieben und ist das weltweit einzige, das heute noch arbeitet.
Die Maschinenanlagen, die sich an den geneigten Ebenen befinden, stehen unter Denkmalschutz. In Buczyniec gibt es am Haltepunkt für die Fahrgastschiffe außerdem ein Museum für Kanalgeschichte.
Wissenswert:
Das Unternehmen Zegluga bietet mehrmals täglich Schifffahrten auf dem Kanal Elbląski an. Fahrten finden ab Elbląg und Buczyniec statt. Die Rückfahrt an den Ausgangsort erfolgt jeweils mit dem Bus. Sie sollten spätestens einen Tag vorher buchen und das am besten im Büro von Zegluga. In Elbląg befindet sich dieses in der ul. Wodna 1b, Telefon +48 89 670 92 27, Email elblag@zegluga.com.pl.