Grün sei die Heide, meint der Dichter, doch eigentlich erwarten wir mehr. Nämlich einen Farbrausch in Lila, wenn sie blüht. Alles spricht für den Besuch der Lüneburger Heide gerade jetzt. Um den 8. August soll die optimale Zeit sein. Leider ist alles im Fluss, selbst der Sommer ist nicht mehr, was er einst war. Dafür kriegen wir Fakten Online: Ein Heideblütenbarometer, das auf farbig zeigt, eine Wettervorhersage, die Mischmasch ankündigt.
Unser Ziel ist der Wilseder Berg, die höchste Erhebung weit und breit, umzingelt in dieser Jahreszeit von glühenden Erikas.
Startpunkt ist der Parkplatz in Oberhaverbeck. Für den Rundkurs über rund 14 Kilometer sind wir gut gerüstet mit, Brotzeit, Getränken, Kameras, ja auch Regenjacken, tief im Tagesrucksack verstaut, Wetterpessimismus hat keine Chance.
Und los geht es durch die Heide
Die Wege sind gut beschildert und gepflegt, sehenswert in malerischer Landschaft. Wer unsere Route nachwandern will, folgt dem Freudenthalweg, der hinter dem Landgasthof beginnt, vorbei an den Feldern Niederhaverbecks. Richtungsangaben auf Findlingen oder Wegekreuzen, weisen nach Wilsede, das wir später passieren. Den Bolterberg quert man, dann scharf nach links, am Kutschenweg weiter, dem Anstieg folgend, hinauf zur lichten Höhe von 169 Metern des Wilseder Berges. Nächste Station ist das Museumsdorf Wilsede, dann der Totengrund. Diesen Aussichtspunkt verlassen wir über den Steingrund, queren ein Wäldchen und landen auf der kleinen Straße, wo wir gestartet sind.
Der Wunsch, Erwartungen und Realität zu harmonisieren, könnte heute ein Problem werden. Bisher ist kaum blühende Heide zu sehen. Graue, tiefhängende Wolken dominieren die Landschaft bis zum Horizont. Wir schauen genauer hin. Die Heidekräuter schimmern tatsächlich lila, aber ohne Sonnenlicht entfaltet sich ihr prächtiger Anblick nur verhalten. Dafür entdecken wir eine Vielzahl von Blaubeeren am Wegesrand, Sträucher in allen Schattierungen, Blumen und später sogar Felder mit blühendem Buchweizen. Alles Zutaten für prachtvolle Bildkompositionen in Pastell.
Wenn da nicht der Regen wäre
Dann startet der Regen, Zeit, die Anoraks heraus zu nesteln. Aber es wird warm unter der Klamotte. Regenpausen nutzen wir, Anoraks wieder zu verstauen. Ein Wink mit dem Zaunpfahl nach oben, dass wir heute Lust auf blauen Himmel haben. Prompte Antwort: neue, nieselnde Schauer. Wir kontern mit Herausnesteln, worauf der Regen versiegt. Ein Wechselspiel, das uns noch weiter beschäftigt.
Hinter dem Wilseder Berg ist es trocken. Im Museumsdorf stärken wir uns. Brotzeit und Fenster in der Wolkendecke wirken stimmungserhellend. Natürlich ist diese Landschaft schön. Knorrige Bäume, zauselige Wacholderbüsche, Wiesen mit Findlingen, dazwischen die typischen Schafställe, fast klassische Bilder.
Sind uns bisher nur wenig Wanderer begegnet, ist es beim Totengrund fast überfüllt. Aber die Stimmung ist gelöst, jeder freut sich, hier zu sein. Welche magische Ausstrahlung dieser Ort entfalten kann, wissen wir. Gerade zwar nur eine Symphonie in Grün und Fladenbraun, lassen sich beim Totengrund Bildermärchen erleben, nutzt man die Gunst der Stunde oder hat einfach nur Glück. Insider-Tipp: Kommt zum Sonnenaufgang her.
Der Nachmittag bringt kleine Überraschungen. Zum ersten Mal seit Stunden sehen wir wieder unsere eigenen Schatten. Das bringt Freude, weil die Erikas genau das tun, was sie sollen, nämlich schimmern und glühen. Zufriedener fassen wir einen Vorsatz: Wir kommen zurück.
Ihr Aras Orhon und Christiane Feill
Auf einen Blick:
Wo: Bispingen in der Lüneburger Heide
Wann: Eigentlich immer, die Heide fasziniert zu jeder Jahreszeit
Was, außer Wandern: Stundenlang Beeren sammeln und Kutsche fahren
Wie lange: 1 Tag oder mehr, übernachten lässt sich gut in Bispingen
Vor Ort: Während der Saison lässt sich die Heide bequem mit dem Heide-Shuttle entdecken
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