Mystischer Nebel, markante Wolkenformationen, windgepeitschtes Meer und das Geräusch kullernder Feuersteine am Strand – im Winter ist ein Urlaub auf Deutschlands größter Insel eine Wohltat für die Seele. Die bizarre Schönheit der Küste und das einzigartige Licht inspirieren Maler und andere Künstler traditionell zum kreativen Schaffen. Das ist kein Zufall. Vielerorts erinnert die Landschaft Rügens an ein großes, von der Natur gestaltetes Kunstwerk.
Ausgedehnte Spaziergänge und kleine Wanderungen eigenen sich am besten, um die erholsamen Bilder und Geräusche sowie die frische Seeluft aufzunehmen. Heißer Sanddornpunsch vertreibt anschließend die Kälte aus dem Körper, schmeckt köstlich und stärkt die Abwehrkräfte. So kommen Körper, Geist und Seele wieder in ein gesundes Gleichgewicht.
Abseits der Hauptreisezeit und des großen Touristenrummels haben wir eine Entdeckungsreise durch den Nordosten der Insel Rügen unternommen. Die folgenden Ziele haben dazu beigetragen, dass aus dem winterlichen Kurzurlaub eine unvergessliche Zeit wurde:
Ausflug nach Kap Arkona
Das 200-Seelen-Dorf Putgarten ist einziger Ausgangspunkt zum Kap Arkona und damit Ziel von jährlich rund einer Millionen Menschen. Denn in der Gunst der Rügen-Besucher steht das Kap mit an oberster Stelle. Glück für uns: Die meisten Touristen kommen im Sommer. Im Winter geht es in Putgarten, auf dem Kreidefelsen und im Fischerdörfchen Vitt beschaulich zu.
Putgarten selbst ist zu jeder Jahreszeit für den Autoverkehr gesperrt und der Großparkplatz am Ortseingang nicht zu verfehlen. Von dort geht es mit einem Bähnchen, per Pferdewagen oder zu Fuß weiter. Wir haben uns für die Pferde entschieden und diesen Luxus keine Sekunde bereut – hatten wir den Kutscher und sein Fuhrwerk doch ganz für uns alleine.
Kap Arkona ist mit drei Türmen – dem eckigen Schinkelturm, dem daneben aufragenden Leuchtfeuer aus 1902 und einem 1927 errichteten Peilturm der Marine – einzigartig an der deutschen Ostseeküste ausgestattet. Übrigens: Wer nicht nur die Aussicht genießen, sondern am Kap Arkona heiraten möchte, ist im Schinkelturm richtig. Das markante Bauwerk beherbergt eine beliebte Außenstelle des Standesamtes.
Vom Peilturm, der heute als Kunstmuseum und Atelier genutzt wird, führt die Rundfahrt über den verwunschen anmutenden Küstenweg zum Fischerdörfchen Vitt. Die reetgedeckten, kleinen Häuser schmiegen sich im Halbrund um den Hafen. Dieser soll den slawischen Ureinwohnern schon im 10. Jahrhundert als Fischer- und Handelshafen gedient haben. Jetzt im Winter wird uns hier klar, welchen Kampf die Fischer auch heute noch gegen die Naturgewalten führen.
Tipp: Auf dem Rückweg zum Parkplatz lohnt sich in Putgarten ein Abstecher zum Rügenhof. In diesem ganzjährig geöffneten alten Gutshof haben sich Werkstätten und Läden angesiedelt. Hier werden regionale Produkte gefertigt und verkauft, unter anderem das Maskottchen der Insel: Rügener Kreidemännchen.
Besuch des Nationalpark-Zentrums Königsstuhl
Am Königsstuhl können Sie auch im Winter die Faszination der Kreidelandschaft erleben. Die Wellen, die sich an den Kreidefelsen austoben, bieten ein beispielloses Naturschauspiel, das die Besucher von der Aussichtsplattform hoch über der Ostsee beobachten können. Der Aussichtspunkt auf dem Königsstuhl ist in wenigen Minuten vom Eingang des Nationalpark-Zentrums erreichbar.
Im Besucherzentrum des Nationalparks tauchen Sie auf einer Zeitreise beispielsweise ein ins warme Kreidemeer, geraten in die Eiszeit oder erkunden die Tiefen der Ostsee. Auf 2.000 Quadratmetern Ausstellungsfläche wird Unsichtbares rund um die Kreidelandschaft Rügens sichtbar und erlebbar gemacht.
Wissenswert: Das Nationalpark-Zentrum Königsstuhl (Stubbenkammer 2, 18546 Sassnitz) hat im Winter täglich von 11 bis 17 Uhr geöffnet.
Sassnitz: Altstadt und Stadthafen
Die Altstadt von Sassnitz ist eher ein Geheimtipp. Wir finden aber, dass sich ein Spaziergang durch die schmalen Gassen hinab zum Kurplatz und zur Strandpromenade unbedingt lohnt. Nostalgische Giebel und Türmchen prägen die weißen, schön restaurierten alten Villen aus dem 19. Jahrhundert, als Sassnitz ein beliebter Badeort war.
Die Strandpromenade führt direkt zum Stadthafen, der nicht nur bei den Touristen, sondern auch bei Fotografen und Filmteams sehr beliebt ist. Hier kann man arbeitenden Fischern zuschauen – meist von weitem erkennbar an den Möwen, die auf einen Leckerbissen hoffen. Ein Spaziergang auf der Ostmole des Hafens endet direkt am beliebtesten Fotomotiv von Sassnitz: dem grün-weißen Leuchtturm. Bei frostigen Temperaturen ist dieser Spaziergang besonders reizvoll. Dann trägt der Leuchtturm vielleicht einen Eispanzer und die Eisschollen türmen sich links und rechts der Mole zu bizarren Gebilden auf!
Doch der Stadthafen hat noch mehr zu bieten: Hier isst man frischen oder beispielsweise nach ostpreußischem Rezept geräucherten Fisch und genießt dabei die Aussicht auf bunte Kutter. Außerdem haben sich hier Künstler und Kunsthandwerker unterschiedlicher Metiers mit ihren Ateliers niedergelassen.
Tipp: Vom Stadthafen Sassnitz startet ab 1. Februar die MS Binz (Adler-Schiffe) zu ihren Fahrten zur Kreideküste und zum Königsstuhl. Abfahrt ist von Mittwoch bis Sonntag jeweils um 12.30 Uhr.
Spaziergang am Hafen von Lohme bis zum Schwanenstein
Der Steilküste zu Füßen liegt in Lohme ein idyllischer Yachthafen. Wir sind über die lange Treppe zum Hafen hinabgestiegen und haben nach dem Schiffe-Gucken noch einen kleinen Abstecher zu einem Findling namens Schwanenstein gemacht. Der Schwanenstein liegt etwa 100 Meter östlich des Hafens im Wasser und ist der fünftgrößte Findling Rügens. Eine Schautafel erklärt Interessierten, welche Tragödie sich in den 1950er-Jahren am Schwanenstein abgespielt hat. Damals waren in einem Wintersturm drei Kinder auf dem Stein vor den Augen der machtlosen Rettungskräfte regelrecht zu Eis gefroren.
Tipp: Der steinige Strand lädt ein, nach Hühnergöttern, also Feuersteinen mit Loch, oder Donnerkeilen (versteinerte fossile Kopffüßer) Ausschau zu halten.
Kreidemuseum Rügen
Europas einziges Kreidemuseum, das Kreidemuseum Rügen in Sagard, liegt in einem historischen Kreidewerk. Interaktive Exponate thematisieren die Entstehung der Kreideküste, den Abbau und die Aufbereitung der Kreide in unterschiedlichen Epochen und die verschiedenen Einsatzgebiete. In der Freilichtausstellung vor der Kulisse des „Kleinen Königsstuhls“ sind unter anderem Gerätschaften des Kreideabbaus in früheren Zeiten zu sehen.
Wissenswert: Die Adresse des Museums lautet Gummanz 3A, 18551 Sagard. Bis zum Gründonnerstag gelten die Winteröffnungszeiten: Dienstag bis Sonntag von 10 bis 16 Uhr.
Bekanntestes Rügen-Erzeugnis: Sanddorn
Als Mitbringsel von Rügen empfiehlt sich eine wahre Vitamin-C-Bombe: Sanddorn. Die runden, orangenen Früchte enthalten fast zehnmal so viel Vitamin C wie Zitrusfrüchte, außerdem weitere wichtige Vitamine und Mineralstoffe. Sanddorn stärkt nicht nur das Immunsystem, sondern soll auch das Herz schützen. Die Beeren werden auf Rügen in Form von Saft, Marmelade oder anderen Leckereien angeboten. Wir nehmen meistens als „Andenken“ außerdem geräucherten Fisch mit nach Hause und natürlich viele selbstgemachte Bilder.
Hinweis zur Anreise: Die B96 als Hauptzufahrtstraße vom Festland nach Sassnitz ist voraussichtlich bis Juni 2018 zwischen Strüssendorf und dem Abzweig Ralswiek voll gesperrt. Alternativ bietet sich an, ab Bergen über die B196 zu fahren und nach etwa 5 Kilometern im Kreisverkehr die zweite Ausfahrt in Richtung Karow, Prora und Sassnitz zu nehmen.