Eine Tour auf dem Highway 1 entlang der kalifornischen Pazifikküste ist ein atemberaubendes Erlebnis.
Der Highway 1 ist mit der legendären Route 66 die beliebteste und am meisten besuchte Straße der USA. Auf 650 Kilometern windet sie sich kurvenreich die Küste des Pazifischen Ozeans entlang und verbindet die kalifornischen Metropolen San Francisco im Norden und Los Angeles im Süden. Auf meiner Tour werde ich auf 120 Kilometern den legendären Küstenabschnitt Big Sur entlang cruisen. Mit im Gepäck: Zeit und Muße zum Staunen und Genießen.
Zerklüftete Gebirgslandschaft trifft auf einsame Strände – Big Sur
Vom Norden über Santa Cruz und Monterey kommend, erwartet mich ab dem beschaulichen Küstenort Carmel-by-the-Sea eine zerklüftete Gebirgslandschaft mit einsamen und wellenumtosten Stränden. Rechts schimmert das Wasser abwechselnd hell- und dunkelblau. Als reizvoller Kontrast erheben sich ostwärts weitläufige Redwood-Wälder im Santa-Lucia-Gebirge. Die spanischen Eroberer gaben Big Sur (Großer Süden) seinen Namen, weil sie wegen des unwegsamen Geländes einen großen Umweg nach Norden machen mussten. Nach etwa 20 Kilometern taucht aus der Ferne unübersehbar mit ihrem hell schimmernden Stahlbeton und riesigen Bögen die berühmte Bixby Bridge auf. Wie ein Kunstwerk im Art Déco Stil steht sie majestätisch in der wunderschönen Landschaft. Ich halte an einer der zahlreichen Aussichtspunkte entlang der zweispurigen Straße an, um diesen unvergesslichen Moment auf mich wirken zu lassen.
Sehnsuchtsort für Individualtouristen
Im Reiseführer lese ich, dass viele Künstler und Schriftsteller wie John Steinbeck oder Henry Miller in dieser wilden Einsamkeit Ruhe und Inspiration gefunden haben. Auch der Schriftsteller und Autor des berühmten Schmökers “Die Schatzinsel” Robert Louis Stevenson lebte hier: “Big Sur ist da, wo sich Berge und der Ozean zu einem dramatischen Rendezvous treffen. Das ist die schönste Begegnung von Land und See, die es auf der Erde gibt”. Eine Liebeserklärung an eine Landschaft, die bis heute Sehnsuchtsort für freiheitsliebende und individuell Reisende ist. Es gibt zwar einige Hotels, doch sind freie Zimmer rar und auch teuer.
Mehr Seelöwen als Surfer
Nur an einigen Stellen gibt es einen direkten Zugang zu den Stränden. An denen gibt es mehr Seelöwen als Surfer und Schwimmer, da das Wasser meist zu kalt und die Strömung vielerorts zu gefährlich ist. Ich kann ein paar Robben als kleine schwarze Punkte im Meer schwimmen sehen. Ich nehme mir vor, beim nächsten Mal einen längeren Abstecher beim Point Lobos State Reserve zu machen, ein schroffer Küstenabschnitt nahe Carmel-by-the-Sea, der für seine Seeotter berühmt ist.
Im Nationalpark Pfeiffer Big Sur State Park gibt es herrliche Wanderwege mit Aussicht auf die Big Sur Schlucht. Dieser Park bietet auch Übernachtungsmöglichkeiten auf den zahlreichen Campingplätzen und ist somit idealer Ausgangspunkt, um die gesamte Region zu erforschen. Nur wenige Kilometer weiter südlich gelange ich über die nicht beschilderte Sycamore Canyon Road zum wunderschönen Pfeiffer Beach. Das Parken kostet hier 10 Dollar, was angesichts der wildromantischen Strandszenerie mit schroffen Felsen, feinem Sand und einem großartigen Sonnenuntergang absolut lohnenswert ist.
Der perfekt gemixte Sundowner erwartet mich an der Bar des nur drei Kilometer vom Pfeiffer Beach entfernten Restaurants Nepenthe. Es liegt auf einem 250 Meter hohen Kliff mit einem grandiosen Blick über die angrenzenden Mammutbaum-Wälder und den Ozean. Auf der Terrasse spendet ein Feuer in einer mit Natursteinen ummauerten Feuerschale Wärme an diesem herbstlichen Novemberabend. Die Bedienung ist aufmerksam, witzig und serviert den Burger mit herzlicher Nonchalance. Ein wunderbarer Tag am Big Sur neigt sich dem Ende entgegen.