Wenn es um Weinkultur- und Anbau geht, denkt man zunächst mal an die traditionellen Weinanbaugebiete in Frankreich, Italien oder Kalifornien. Aber gute Weine werden auch außerhalb dieser Länder kultiviert. Sie sind hierzulande rar, weil sie entweder nur lokal konsumiert werden oder aber auf anderen Exportmärkten verkauft werden.
In unserer Reihe Weingenuss im Abseits stellen wir Ihnen deshalb Weingegenden vor, von denen der deutsche Durchschnittsgenießer nur selten hört. Wir nehmen Sie mit auf eine Reise in unbekannte Weinanbaugebiete.
Weingenuss im Abseits: Georgien
Georgien ist eines dieser Länder, die man eher mit Konflikt, Krieg und politischen Umbrüchen als mit kulinarischem Genuss und Müßiggang verbindet. Tatsächlich dominierten in den letzten Jahrzehnten Konflikte und Kriege die Medienberichterstattung über den Kaukasus, ein Hochgebirge zwischen Schwarzem und Kaspischem Meer, dessen Gebiet sich auf die Staaten Russland, Georgien, die Türkei, Armenien und Aserbaidschan verteilt.
Georgien liegt im südlichen Teil des Gebirges und grenzt im Norden an Russland, mit dem es bis 1991, wie Aserbaidschan und Armenien auch, in der Sowjetunion verbunden war. Seit seiner staatlichen Unabhängigkeit 1991 hat das multiethnische Georgien mehr als eine Million Einwohner verloren. Es durchlebte zunächst einen Bürgerkrieg, 2002 gefolgt von einem Erdbeben.
Auch in der Folge veranlassten politische Putsche und Umwälzungen, eine schlechte ökonomische Situation einhergehend mit schlechten Ausbildungsmöglichkeiten vor allem Menschen mit hohem Bildungsgrad dazu, das Land zu verlassen.
Zu unrühmlicher Prominenz gelangten zuletzt vor allem die wiederaufflammenden Bürgerkriege in den abtrünnigen Regionen Abchasien und Südossetien im Jahre 2008. Sie ließen etwa 250.000 Menschen aus ihrer Heimat fliehen.
Zwischen Flucht, Vertreibung, Krieg und politischen Umbrüchen- Wer denkt da schon an die ausgetretenen Pfade zwischen idyllischen Weinreben, die man hier als Besucher beschreiten kann.
Weinbau mit Tradition
Man schätzt, Georgien sei das älteste Weinland der Welt. Funde von Traubenkernen scheinen zu belegen, dass Georgiens Weinbautradition möglicherweise 8000 Jahre zurückreicht. Rebe und der Wein sind untrennbarer Teil der georgischen Identität. Hier werden uralte Traubensorten kultiviert und Winzer bedienen sich einer uralten georgischen Methode zur Weinherstellung in tönernen Gefäßen, den Amphoren.
Günstige geologische und klimatische Voraussetzungen des Südkaukasus schützten die georgische Weinwirtschaft in den letzten Jahrzehnten zwar nicht vor den heftigen Turbulenzen, jedoch ist sie nie zum Erliegen gekommen. Zu Sowjetzeiten bewirtschafteten georgische Winzer 1985 noch über 100 000 Hektar Reben. Im Jahre 2005 schätzte man die Rebfläche auf zirka 60 000 Hektar.
Vielfalt aus dem Kaukasus
Die einheimischen Rebsorten sind vielfältig und auch internationale Standardsorten werden hier angebaut. Wein ist nach Alteisen das wichtigste Exportgut, allerdings findet man hierzulande keine georgischen Weine, da der Weinhandel mit europäischen Ländern nicht gut erschlossen ist.
Über lange Zeit gingen die Exporte vorwiegend nach Russland. Dort genossen georgische Weine Kultstatus, vor allem bevor Regierungschef Gorbatschow dem Weinanbau im Zuge der Bekämpfung des Alkoholismus in der UdSSR strikt beschränkte und daraufhin viel Rebfläche aufgegeben werden musste.
Außerdem erließ Russland ein Embargo gegen landwirtschaftliche Erzeugnisse, weil der im Zuge der Rosenrevolution 2003 an die Macht gekommene georgische Präsident Michail Saakaschwili zu sehr mit Amerika liebäugelte und sich in Moskau unbeliebt machte.
In letzter Zeit kommt der Weinanbau in Georgien wieder auf die Füße. Eine nicht ganz unwesentliche Rolle spielt dabei deutsches Weinwissen. Investoren bauen georgische Kellereien auf oder stellen ihr Fachwissen georgischen Winzern als Berater zur Verfügung. Beispielhaft stehen hierfür Unternehmer Burkhard Schuchmann, der ab 2006 mit einem georgischen Partner ein Weingut hier aufbaute oder auch Hilarius Pütz, der 2007 in Georgien die Leitung der alteingesessenen Schaumweinkellerei Bagrationi übernahm und eine Rebschule aufbaute.
Gebiete & Sorten
Kernland des georgischen Weinbaus ist die Region Kachetien im Osten des Landes. 70% aller georgischen Weine kommen hierher. Kachetien ist außerdem der Landesteil, der am meisten von Touristen bereist wird. Recht gut an die Hauptstadt Tiflis angebunden, locken den Besucher neben den Weinreben zahlreiche touristische Ziele in der fruchtbaren sanft-hügeligen Landschaft auch für einen Tagesausflug an.
Wer georgische Weine entdecken möchte, sollte in jedem Fall nach Kachetien reisen, denn hier ist die gastronomische Infrastruktur für den Weintourismus am besten ausgebaut. Zahlreiche Weinproben, Winzerbesuche und Wanderungen durch die Reben erwarten Weininteressierte hier. Touristisch erschlossen ist die Stadt Sighnaghi, die unter der Regierung Sakaschwili aufwändig saniert wurde und Telawi, die Hauptstadt der Region.
Die Königin der Rotweine
Neben den Hunderten von Rebsorten, die im Laufe der Geschichte in Georgien angebaut wurden, nimmt die in Kachetien angebaute „Königin der Rotweintrauben“, die Saperavi-Rebe einen speziellen Platz ein. Kennzeichnend für die Rebsorte ist ihre Farbkraft und Säure, und ein würziges und dennoch fruchtiges Aroma.
Die Bewohner der Region sind überzeugt, dass sie ihnen eine spezielle Lebenskraft spende. In der Tat sind die Kachetiner besonders langlebig, und so ist es auch die Rebsorte. Saperavi-Rotweine können mehr als 30 Jahre altern. Ob nun eine Verbindung zwischen der Langlebigkeit der Bewohner und dem Genuss von Saperavi-Rotweinen hergestellt werden kann, muss abschließend ungeklärt bleiben.
Ebenfalls seine Heimat in Kachetien hat die Rkatsiteli, eine mineralische Rebe. Als Hauptweißweinsorte bringt sie mehrere sehr beliebte Weine hervor wie Tsinandali, Vazisubani oder Kvareli. Stets sind volle Weine mit frischer Säure, lebendig im Geschmack.
Neben Kachetien gilt Racha-Lechkhumi im Nordwesten Georgiens als wichtiges Weinanbaugebiet. Hierher kommt der Wein Khvanchkara, ein Klassiker unter den georgischen Weinen, hergestellt aus den Rebsorten Alexandrouli und Mujuretuli.
Weine aus Konfliktgebiet
Und sogar im Konflikt-zerrütteten Abchasien gibt es noch Weinbauern. Für sein mildes Klima und seine am Strand gelegenen Kurorte war Abchasien eines der beliebtesten Touristengebiete landesweit. Die Winzer der abgeschotteten Region haben allerdings große Probleme, ihren Wein zu vermarkten. Wenn Sie nach Georgien reisen, werden Sie schwerlich einen abchasischen Wein zum Kosten bekommen, denn der Konflikt zwischen Abchasien und Georgien ist immer noch am schwelen.
Abchasien wurde bisher nur von Russland, Venezuela, Nicaragua und dem pazifischen Inselstaat Nauru als unabhängiger Staat anerkannt, und so bleiben den abchasischen Winzern die meisten Märkte verschlossen. Die Russen sind die Hauptimporteure abchasischer Weine, sie schätzen sie besonders für ihren süßen und jungen Geschmack.
Kontakt:
Wenn Sie auf den Geschmack kommen wollen, und überprüfen möchten, ob der georgische Wein –wie die Georgier behaupten- auch keinen Kater hervorrufe, wenden Sie sich an diese ausgewählten Vertriebspartner georgischer Weine in Deutschland:
- Weinhaus Grusignac | Prenzlauer Allee 191 | 10405 Berlin | Tel.: 030 66868136
- Geovino | Hofweg 85 | 22085 Hamburg | Tel.: 040 28492912
Interessieren Sie sich für eine kulinarische Entdeckungsreise durch das Land? Wir können Ihnen einen Anbieter speziell hierfür empfehlen:
- Kaukasus-Reisen Hans Heiner Buhr | Tel.: 00995 599 570554 | E-Mail: info@kaukasus-reisen.de
TIPP:
Dokumentarfilm über Weinanbau in Georgien:
„Georgien, die Wiege des Weins“
Deutschland, 2008, 42:30 Min., aus der Reihe 360° Geo-Reportage bei arte.
Über die Produktionsfirma als DVD zu erwerben: thomas.eckes@medienkontor.de