„Die Würde des Menschen ist unantastbar“ – so lautet der Grundsatz, auf dem die deutsche Verfassung ruht.
Doch wenn es um das Thema Sterbehilfe geht, wird der Begriff „Würde“ plötzlich schwammig. Um mehr Klarheit in dieses strittige Thema zu bringen, hat der Bundestag am 6. November das neue „Gesetz zur Strafbarkeit der geschäftsmäßigen Förderung der Selbsttötung“ verabschiedet. So will man dem Thema Sterbehilfe einen festen Rahmen geben.
„(1) Wer in der Absicht, die Selbsttötung eines anderen zu fördern, diesem hierzu geschäftsmäßig die Gelegenheit gewährt, verschafft oder vermittelt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. (2) Als Teilnehmer bleibt straffrei, wer selbst nicht geschäftsmäßig handelt und entweder Angehöriger des in Absatz 1 genannten anderen ist oder diesem nahesteht.“ (§217 StGB)
Sterbehilfe nicht aus wirtschaftlichen Interessen
Klar ist, dass mit dem neuen Gesetz jede organisierte und gewerbliche Form der Sterbehilfe verboten ist und somit Organisationen wie z.B. dem Verein Sterbehilfe Deutschland ein Riegel vorgeschoben wird. Gleichzeitig wird auch ärztlich assistierte Sterbehilfe als medizinisches Angebot untersagt. Der Gedanke, der damit verfolgt wird, ist durchaus nachvollziehbar und sollte im Allgemeinen befürwortet werden können. Auf keinen Fall darf sich Sterbehilfe zu einem Zweig unserer Gesellschaft ausbauen, der Schwerkranken und Sterbenden aus wirtschaftlichem Interesse den Eindruck vermittelt, man müsse doch wenigstens seine Optionen abwägen und sehen, ob man nicht doch zu dem Schluss kommt, dass Suizid unterm Strich für alle die bessere Lösung sei.
Unklar bleibt allerdings inwieweit die „Absicht, die Selbsttötung eines anderen zu fördern, diesem hierzu geschäftsmäßig die Gelegenheit gewährt, verschafft oder vermittelt“ denn tatsächlich geschäftsmäßig zu bewerten ist. So soll z.B. Ärzten, die Ihren Patienten nahestehen und aus reinem Gewissen handeln, weiterhin die Möglichkeit gegeben sein, (Bei-)Hilfe zum Suizid, indirekte oder passive Sterbehilfe zu leisten. Dabei darf es sich aber lediglich um einen Einzelfall handeln, denn jede gewerbliche Handlung erfüllt wiederum den Strafbestand des neuen Gesetzes. De facto liegt aber in diesem und anderen Berufsfeldern, die insbesondere eng mit Sterbenden zusammenarbeiten, eine gewerbliche Tätigkeit vor.
Unnötiges Leid soll verhindert werden
Gleichzeitig hat der Bundestag beschlossen, das Angebot von Palliativmedizin weiter auszubauen und als Regelleistung in die gesetzliche Krankenversicherung mit aufzunehmen. Die moderne Palliativmedizin verfolgt ein Konzept der Krankheitsbegleitung, das an erster Stelle Lebensqualität vor –quantität stellt. In einer ganzheitlichen Behandlung soll den Sterbenden unnötiges Leid und ein selbstbestimmtes Leben ermöglicht werden.Dass die Palliativversorgung weiter gefördert werden soll, ist per se schon mal zu befürworten. Schließlich kann dieser Ansatz dem aktiven Sterbewunsch vieler Patienten durch die umfassende Versorgung insbesondere auch entgegen wirken. Inwiefern sich aber auch hier mitunter Tätigkeiten palliativer Pflegedienste mit dem Verbot geschäftsmäßiger Sterbehilfe vereinbaren lassen, bleibt abzuwarten.
Außerhalb der Gesetzesdebatte ist die Meinung zur Sterbehilfe eindeutig. Über 80% der Gesamtbevölkerung sind Befürworter, die Mehrheit davon sogar für aktive Sterbehilfe. (Quelle: www.statista.de) Das neue Gesetz kann die rechtlichen Konflikte bei Weitem nicht lösen, ganz abgesehen von den ethischen. Ein Blick in unsere Nachbarländer könnte uns vielleicht mit dabei helfen, Sterbehilfe individueller zu verstehen und Maßnahmen besser in bereits bestehende Strukturen zu integrieren.
Wie ist Ihre Meinung zu diesem schwierigen und vor allem sehr persönlichen Thema? Schreiben Sie uns einen Kommentar – wir freuen uns über einen ernsthaften Austausch! Die 59plus.TV Redaktion