Deutschland macht keine Schulden mehr und das schon seit vier Jahren nicht mehr. So zumindest lautet die frohe Botschaft aus Polit-Berlin. Schulden macht die Bundesrepublik dennoch ständig neu. Sie ersetzt alte Schulden durch die Ausgabe neuer Bundesanleihen. Und Bundesbürger fragen sich: Wer gibt dafür noch Geld aus?
Die jüngste Bundesanleihe bot der Bundesfinanzminister am 10. Januar 2018 zum Kauf an – verbunden mit dem Versprechen, jedes Jahr ein halbes Prozent Zinsen darauf zu zahlen; zehn Jahre lang bis zum 15. Febr. 2028. Ein halbes Prozent Zinsen bedeuten für 1.000 Euro Nennwert bescheidene fünf Euro Zinsen pro Jahr; zwei Cappuccino mit Trinkgeld. Goldene Zeiten für den Finanzminister, miese Zeiten für die Anleger!
Schaut man sich z. B. die am 28. Mai 2018 fällig werdende Bundesanleihe aus dem Jahr 2008 an, dann stellt man fest: Statt bisher 4,25 Prozent muss der Finanzminister für die Ersatzanleihe kaum mehr als ein Zehntel dieser Prozente bezahlen.
Festverzinslich heißt wackelig
Bundesanleihen sind Staatsanleihen. Im Wesentlichen sind das fest über die gesamte Laufzeit verzinsliche Wertpapiere; in der Regel mit einer Laufzeit über zehn Jahre. Im Falle der Bundesrepublik sind diese Anleihen mit höchster Sicherheit (Bonität) ausgestattet. Letztlich sind die Anleihen abgesichert mit der hohen Steuerzahlungskraft von Bürgern und Unternehmen.
Dennoch zahlen Anleger an der Börse für die jüngste Bundesanleihe aktuell nur 990 Euro für jeweils 1.000 Euro Nennwert. Die zehn Euro Minus mögen „Peanuts“ sein. Tatsächlich entsprechen diese zehn Euro Kursrückgang jedoch genau den Zinsen für zwei volle Anlagejahre der Anleihe. „Festverzinslich“ heißt also nicht: „fest im Kurswert der Anleihe“. Tatsächlich schwanken die Kurse heftig.
Dass Nennwerte langjähriger Bundesanleihen schon Tage nach der Erstausgabe an den Börsen in Frankfurt oder anderswo gehandelt werden, das ist normal. Banken, Fonds und andere Finanzinstitute verkaufen, was sie bei der Erstausgabe vielleicht zu viel bekommen haben. Käufer der Papiere sind andere Banken, Fonds oder Anleger, die vielleicht auf billigere Kurse spekuliert haben. Milliardenbeträge werden auf diese Weise jeden Tag an den Börsen gehandelt – in mehr als 100 verschiedenen Bundesanleihen und Tausenden anderer Anleihen in Euro, Dollar oder sonstigen Währungen. Die Kurse der Anleihen schwanken je nach dem, wie viele Millionen und Milliarden Anleger gerade kaufen wollen – zeitweilig sogar zu steigenden Kursen. Oder es kommt darauf an, wie viele Anleihenbesitzer gerade verkaufen wollen – womöglich sogar zu sinkenden Kursen.
Die entscheidende Rolle bei Bundesanleihen spielt seit Jahren die Deutsche Bundesbank. Sie kauft Bundesanleihen in enormem Umfang; so viel, dass die Staatsbank Bundesbank bald für jede dritte Staatsanleihe der Bundesrepublik das Geld gegeben haben wird. Diese höchst fragwürdigen Geschäfte machen die Bundesbanker im Auftrag der Europäischen Zentralbank EZB und mit voller Unterstützung der Bundesregierung. Man will auf diese Weise den Euro retten und die Inflation nach oben treiben. Wenn das erreicht ist, muss es auch wieder mehr Zinsen geben. Die heutigen Kurswerte der Anleihen sind dann aber Vergangenheit. Die Kurse werden fallen.
Warum die Kurse von Bundesanleihen fallen
Das Ergebnis der Kaufwut von Bundesbank und EZB sind die aktuellen Minizinsen. Soweit das Finanzministerium für die am 28. Mai fällige Bundesanleihe seit 2008 jedes Jahr 4,25 Prozent Zinsen auszahlte, soweit konnten Bundesbank, Fonds und andere Anleger zeitweilig mehr als 120 Prozent für die Nennwerte dieser Anleihe bezahlen. Sie bekamen auf diese hohen Kaufkurse immer noch vergleichbar gute Renditen. Dabei kalkulieren die Anleger sogar ein, dass sie am 28. Mai 2018 nicht 120 Prozent zurückbekommen sondern nur den Nennwert von 100 Prozent. Für andere Bundesanleihen wurden sogar Rekordkurse von mehr als 200 Prozent bezahlt; wohl wissend, dass am Ende nur 100 Prozent zurückfließen werden.
Die Sache mit den schwankenden Kursen der festverzinslichen Anleihen ist aktuell kritisch, weil die Zinsen faktisch nicht noch weiter sinken können, sondern wahrscheinlich auch mal wieder steigen werden. Mit dieser Erwartung versuchen Anleger, Bundesanleihen zu den noch hohen Kursen zu verkaufen. Um diese Papiere los zu werden, nehmen sie sogar sinkende Kurse in Kauf.
So passiert es, dass die gerade ausgegebene neue Bundesanleihe schon direkt unter den Nennwert fällt. Bei den Papieren, für die Käufer 200 Prozent und mehr bezahlten, ist die Sache jetzt schon kritisch: Für dieselben Papiere zahlen Käufer heute nämlich nur noch etwa 170 Prozent. Für die Bundesbank sind solche Verluste egal. Am Ende zahlt der Steuerzahler. Für viele Investmentfonds sind solche Verluste aber nicht egal, denn die Anteilswerte ihrer Fonds sinken. Das spüren die Fondskunden natürlich sofort.
Fazit: Auch die als sonst immer so sicher gehandelte Bundesanleihe beinhaltet durchaus ein Schwankungsrisiko. Das ist bei einer darüber hinaus nicht sonderlich hoch zu erwartenden Rendite sicherlich nicht ganz unwichtig zu wissen und sollte beim nächsten Investment berücksichtigt werden.
Ihr Martin Beier