Am 23. Dezember 2018 wäre Helmut Schmidt 100 Jahre alt geworden. Der leidenschaftliche Kettenraucher starb 2015 im Alter von 96 Jahren. Geistig bis zuletzt rege und interessiert, gehörte er auch in hohem Alter noch zu einem der beliebtesten Politiker. Bis zu seinem Tod war er über dreißig Jahre Mitherausgeber der Wochenzeitung „Die Zeit“, schrieb zahlreiche Bücher und Artikel und war ein gefragter Vortragsredner.
Für den leidenschaftlichen Kettenraucher wurden manche Beschränkungen aufgehoben, sodass er auch nach dem 2007 in Deutschland eingeführten Rauchverbot munter weiterpaffte. Dabei erweiterte er sein Repertoire im Laufe der Zeit und konsumierte neben Pfeife und Zigaretten auch Schnupftabak. Diese selbstbewusste und etwas sture Haltung war typisch für den Hanseaten. Da er keine Hemmungen hatte, seine Meinung kundzutun und unbequeme Wahrheiten auszusprechen, bekam er schon früh den Spitznamen „Schmidt-Schnauze“.
Helmut Schmidt stand zu seinem Wort
Viele Menschen bewunderten ihn für seine Gradlinigkeit, seinen Wagemut und seine festen Überzeugungen. In den 1970er Jahren war der Terror durch die RAF ein ständig präsentes Thema in Deutschland. Nach schlechten Erfahrungen bei Verhandlungen mit den Terroristen machte Schmidt klar, dass sich der Staat dem Terror niemals beugen darf. Da sowohl er als auch seine Ehefrau Loki als potenzielle Entführungsopfer der RAF gefährdet waren, trafen beide eine wichtige Entscheidung. Sie hinterlegten schriftlich beim Kanzleramt eine Stellungnahme, dass sie keinesfalls ausgetauscht werden wollten, falls sie entführt würden.
Die Zeit des „Deutschen Herbstes“ prägte auch die Kanzlerschaft von Helmut Schmidt und er musste folgenschwere Entscheidungen treffen. Die Folgen der weltweiten Wirtschafts- und Ölkrise der frühen 1970er Jahre, das Thema Kernenergie und die Rentenfrage waren weitere Knackpunkte seiner Kanzlerschaft.
Der unerschrockene Krisenmanager
Doch lange bevor er 1974 als Nachfolger des zurückgetretenen Willy Brandts zum fünften Kanzler der Bundesrepublik Deutschland wurde, bewies er als Senator der Polizeibehörde in Hamburg seine Qualitäten als Krisenmanager. Im Jahr 1962 suchte eine verheerende Sturmflut die Hansestadt Hamburg heim. Die Flutkatastrophe an der deutschen Nordseeküste verursachte durch Überschwemmungen und Deichbrüche 315 Todesopfer alleine in Hamburg. Er hielt sich weder an vorgegebene Kommandoketten noch Gesetze und koordinierte in kürzester Zeit die Unterstützung der Hilfskräfte. Dabei band er auch Polizei und Bundeswehr sowie ausländische Streitkräfte ein. Kritische Stimmen wenden ein, dass die Unterstützung durch die Streitkräfte 1962 längst gängige Praxis war. In jedem Fall unterstrich diese Episode, dass Schmidt ein pragmatischer Machertyp war.
Kindheit und Jugend in Hamburg
Als Sohn eines Lehrerehepaars kam Helmut Heinrich Waldemar Schmidt am 23. Dezember 1918 in Hamburg zur Welt. Nach dem Abitur und einem sechsmonatigen Arbeitsdienst wurde er 1937 zum Wehrdienst eingezogen. Zwei Jahre später wurde er Feldwebel der Reserve und 1941 Leutnant der Reserve. Nach einer kurzen Zeit in britischer Kriegsgefangenschaft studierte Schmidt Volkswirtschaftslehre und Staatswissenschaft. Im Anschluss arbeitete er einige Jahre für die Behörde für Wirtschaft und Verkehr in Hamburg.
Mit Ausnahme weniger Jahre war Schmidt von 1953 bis 1987 Mitglied des Deutschen Bundestages. Erst Finanz- und Wirtschaftsminister wurde er 1974 Bundeskanzler und 1976 sowie 1980 im Amt bestätigt. Erst 1982 stürzte ihn ein konstruktives Misstrauensvotum. Diese politische Krise hing unter anderem mit dem als „Rüstungswettlauf“ kritisierten NATO-Doppelbeschluss zusammen, der in der SPD, aber auch in der deutschen Bevölkerung umstritten war.
Die private Seite von Helmut Schmidt
Seine Ehefrau und Jugendliebe Hannelore, genannt Loki, heiratete Helmut Schmidt während des Zweiten Weltkriegs und blieb mit ihr fast sieben Jahrzehnte verheiratet. Ihre gemeinsame Tochter Susanne arbeitet als Wirtschaftsjournalistin für das Fernsehen. Loki Schmidt teilte mit ihrem Mann die Leidenschaft für Tabak, weswegen sie auch liebevoll „Loki und Smoky“ genannte wurden, und war über dreißig Jahre als Lehrerin tätig.
Als Botanikerin und Naturschützerin hat sie unter anderem den Bildband „Die Botanischen Gärten in Deutschland“ und das „Naturbuch für Neugierige“ verfasst. Nach ihr wurden einige Pflanzen benannt. Ihre autobiografischen Werke wurden zu Bestsellern.
Zwei Jahre nach Lokis Tod im Jahr 2010 stellte Schmidt seine neue Lebensgefährtin und langjährige Bekannte Ruth Loah der Öffentlichkeit vor.
Noch heute gilt Schmidt als einer der bedeutendsten deutschen Politiker der Nachkriegszeit. Sein entschlossenes Handeln, seine Urteilskraft und seine klaren Ansagen vermissen viele Menschen in Politik und Gesellschaft. Anlässlich seines Todes sagte EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker: „Er war ein Freund, der mir, ebenso wie Europa, fehlen wird. Denn mit ihm verlieren wir einen besonderen Menschen, dessen politischer Mut viele bewegt hat. (…) Dieser Mut ist auch sein Auftrag an uns, niemals aufzugeben, wenn es um Europa geht.“