Kennen Sie noch lästige Kettenbriefe, in denen der Absender mit Unglück drohte, wenn Sie das sinnfreie Schreiben nicht an Freunde weiterschicken? Die wenigsten Menschen mögen solche Nachrichten.
Handelt es sich um etwas Leckeres zu essen, sieht die Lage anders aus. Ungefähr seit den 1970er Jahren kursiert in Deutschland ein Kettenbrief mit dem Teigrezept – der sogenannte Hermann. Dieser Sauerteig wird auch Glücksbrot oder Glückskuchen genannt. Ist von Vatikanbrot die Rede, heißt es, dass dieses nur einmal im Leben gebacken werden darf, dafür dem Bäcker aber besonders viel Glück bringt. Der freundliche Kettenbrief erklärt, wie mit dem Teig umzugehen ist und wie er sich am besten vermehrt. Gelingt dies planmäßig, können Sie den leicht säuerlich riechenden Teig weitergeben. In der Hochphase des Kultkuchens war es schwer, der Teiglieferung zu entkommen. Dann musste der Empfänger die schwierige Entscheidung treffen, ob aus dem Hermann Brot oder Kuchen werden soll. Wer weiß, vielleicht kannten die Erfinder des Elektronikspielzeugs Tamagochi in den 1990er Jahren den Hermannkuchen und haben sich das Prinzip (füttern, damit er überlebt) abgeschaut.
Ein vergleichbarer Teig kursiert in den USA. Dort geht er auf die Amish-People zurück, die ihr „Friendship Bread“, also Freundschaftsbrot, an Bedürftige verteilen. Es ist stärker gesüßt als der in Deutschland bekannte Hermannteig.
Das Geheimnis von Hermann
Die Bestandteile des Sauerteigs sind Weizenmehl, Zucker, Hefe und etwas Milch sowie Pflanzenöl oder Wasser. Da die Hefepilze eine enzymatische Reaktion an den Tag legen, vermehrt sich der Teig fleißig durch Rühren und Anfüttern von Mehl, Milch und Zucker. Dabei sollten Sie ihn zehn Tage in einem geschlossenen Behälter im Kühlschrank aufbewahren. Steht der Teig zu warm, verdirbt er und verströmt einen unangenehmen Geruch. Das Grundrezept für den Teigansatz des Hermanns verlangt laut Dr. Oetker folgende Zutaten:
- 100 Gramm Weizenmehl
- Ein Esslöffel Zucker
- Eine halbe Packung Trockenhefe
- 150 Milliliter lauwarmes Wasser
Das Mehl vermischen Sie mit Zucker und Hefe. Anschließend geben Sie Wasser hinzu und verarbeiten die Zutaten zu einem glatten Teig. Zunächst sollte dieser 24 Stunden an einem warmen Ort aufbewahrt werden, anschließend im Kühlschrank. Nach einem Ruhetag rühren Sie am 2. bis 4. Tag jeweils um. An Tag 5 wird er mit 100 Gramm Weizenmehl, 150 Gramm Zucker und 150 Milliliter Milch gefüttert. Wer Milch nicht mag oder verträgt, kann sie durch warmes Wasser ersetzen. An den Tagen 6 bis 9 wird er erneut täglich umgerührt. Die zweite Fütterung erfolgt an Tag 10 mit den gleichen Zutaten wie die erste. Danach können Sie den Teig in vier gleiche Portionen aufteilen und drei davon verschenken.
Dank des Internets finden sich bequem und schnell vielfältige Rezepte, um aus dem Hermann ein saftiges Brot, leckeren Kuchen oder Muffins zu produzieren. Zudem lässt sich der weitere Weg des Sauerteigs oft über Blogs oder Facebook verfolgen.
Welches Lieblingsrezept verbinden Sie mit dem Hermannteig? Haben Sie eine lustige Geschichte beim Züchten des Teiges erlebt?