Und wieder naht das Monatsende und die Kolumne zum Thema Wohnen im Alter steht auf meiner Aufgabenliste. Ich sitze am Schreibtisch ich warte auf Inspiration. So habe ich mir zunächst die Themen hier in der Rubrik noch einmal durchgesehen und mich gefragt, was zum Thema Wohnen wohl noch nicht gesagt wurde. Dabei ist mir bewusst geworden, wie schwermütig und negativ behaftet der ganze Themenkomplex ist und schlimmstenfalls mit erhobenem Zeigefinger daherkommt. Eigentlich ja kein Wunder, dass sich viel zu wenig Menschen mit dem Thema beschäftigen.
Wohnen im Alter – was heißt das eigentlich?
Das Thema Wohnen im Alter geht nun mal einher mit den großen gesellschaftlichen Herausforderungen unserer Zeit – dem demographischen Wandel, dem Pflegenotstand, dem Fachkräftemangel und dem Auflösen des Generationenvertrages und für jeden einzelnen mit der Frage nach dem guten Altern. Der letzte Umzug konfrontiert uns unweigerlich mit dem Fakt der Endlichkeit des Lebens.
Alles Themen, die nicht gerade zu den Lieblingsthemen bei Politikern und im häuslichen Familienkreis zählen. Themen, die uns unweigerlich mit Fragen konfrontieren, wie „Haben Sie denn bereits ein Testament, eine Vorsorgevollmacht und eine Patientenverfügung?“ oder den Fragen „Was mache ich, wenn meine Eltern oder mein Partner pflegebedürftig werden?“ und „Wie will ich selbst versorgt sein und wie will ich im Alter leben?“ Jeder von uns würde unterschreiben, dass es völlig richtig ist, sich rechtzeitig auf den Weg zu machen, sich diesen Fragen zu stellen. Ja, wer im Alter selbstbestimmt leben will, muss in guten Tagen selbst bestimmen, wie er alt werden möchte. Eigentlich ganz logisch – und doch so schwer umzusetzen.
Warum ist das Thema “Wohnen im Alter” so oft negativ besetzt?
Brauchen wir also einen anderen Zugang zum Thema? Sollte ein Ratgeber nicht auch motivieren und Mut zusprechen? Sollte es nicht auch Freude machen, diese Kolumne zu lesen, statt uns mit einem schlechten Gewissen zurückzulassen? Liegt es einfach daran, dass das Thema unvermeidlich negative Assoziationen hervorruft?
Schließlich ist es ja schon 5 vor 12 und wir haben schon viel zu lange nach Antworten gesucht. Bedarf es vielleicht genau dieser Dramatik, um endlich aufzuwachen? Wir haben sofort die negativen Schlagzeilen aus der Presse im Kopf, wie „graue Wohnungsnot“, „Altersarmut“ oder „Endstation Pflegeheim“. Gerade diese Hiobsbotschaften beeinflussen jedoch unsere Wahrnehmung und verzerren oft die Realität.
In diesem Sommer wurde eine Studie veröffentlicht, die besagt, dass sich die Menschen in der zweiten Lebenshälfte glücklicher einschätzen als in jungen Jahren. In Umfragen geben viele Senioren an, zufrieden zu sein mit Ihrer Lebenssituation, auch mit der Wohnsituation.
Neue Wege beschreiten
Sind also die Medien Schuld, die die Probleme herbeireden? Uns Deutschen geht es vergleichsweise gut. Niemand muss sich um existentielle Probleme sorgen. Wir leben in Wohlstand und Freiheit. Und doch sind viele Fragen unserer alternden Gesellschaft noch nicht beantwortet. Gemäß der Theorie der selbsterfüllenden Prophezeiung, wird das eintreffen, was wir erwarten. Neueste Forderungen gehen sogar soweit, dass wir aufhören sollen, täglich Nachrichten zu schauen und vor allem aufhören sollen, soziale Medien zu konsumieren. Negative Nachrichten und Videos von Gewalt, Schicksalsschlägen, Naturkatastrophen und Terror beeinflussen uns unterbewusst so sehr, dass der Blick auf die Welt getrübt wird und unser Glücksempfinden beeinträchtigt wird.
Also heißt es doch umzudenken. Eine Lösung könnte es sein, mehr positive Berichte über gutes Altern und positive Vorbilder zu bringen. Verbinden wir das Alter mit positiven Eigenschaften wie weise, lebensklug, sich nichts mehr beweisen müssen, Zeit zu haben oder gelassener zu sein, so verliert es doch deutlich von seinem Schrecken. Humor ist, wenn man trotzdem lacht, heißt ein Sprichwort, was mit hierzu in den Sinn kommt. Es gibt großartige Beispiele von Cartoons über das Alter, sogar zum Thema Demenz.
Wir haben Lust auf Alter und Sie?
Die Medien zu verteufeln wäre aber sehr verkürzt gedacht. Zur Wahrheit gehört es nämlich auch, dass gerade die sozialen Medien voll sind von positiven Beiträgen zum Thema Altern. Alltägliche Geschichten von Menschen wie Du und ich, die die Welt ein klein bisschen besser machen. Wir müssen nur unser Bewusstsein dafür schärfen und den Fokus verändern. Im Internet klappt das mit Algorithmen perfekt. Je mehr Seiten Sie sich ansehen, die ein positives Altersbild vermitteln, umso mehr solcher Seiten werden Ihnen vorgeschlagen. Das Phänomen können wir auf den analogen Kontext übertragen. Wenn wir aufhören, ständig auf die negativen Seiten des Älterwerdens zu schauen und stattdessen überwiegend positive Geschichten erzählen, haben wir schon viel gewonnen. Gelingt es uns, so das Altersbild neu zu besetzen, nimmt dies gleichzeitig den weniger schönen Seiten des Älterwerdens den Schrecken.
Vielleicht sollte man hier auf 59plus eine Rubrik „Mutmachgeschichten“ zum Thema Wohnen im Alter einführen. Was meinen Sie?
Herzlichst Ihre